Kurz nach 12:30 Uhr die traurige Gewissheit: Gino Mäder ist seinen Verletzungen erlegen. Bis kurz davor bangte die Sport-Welt und hoffte, dass er den Horrorsturz überleben könnte. Wie Tour-de-Suisse-Arzt Roland Kretsch beschreibt, sei Mäder unmittelbar nach seinem Sturz nie bei Bewusstsein gewesen, er habe ihn ohne Puls vorgefunden. Man habe ihn dann 25 Minuten reanimiert. «Er ist wieder zu Leben gekommen, der Herzstillstand wurde behoben», so Kretsch. Anschliessend wurde Mäder mit der Rega ins Spital geflogen. Dort setzte sich sein Kampf auf der Intensivstation um sein Leben fort, den er leider nicht gewinnen konnte.
Steht ein Abbruch der Tour de Suisse zur Diskussion?
Der Start der 6. Etappe, die aus anderen Gründen verkürzt ausgeführt werden soll, wurde zunächst bis auf Weiteres verschoben. Kurz darauf wird mitgeteilt, dass der ganze Tross an den Zielort Oberwil-Lieli AG verschieben wird. Dort wurden die letzten 30 Kilometer als Trauerfahrt absolviert, was der Wunsch von Mäders Familie gewesen sei. Vor der traurigen Gewissheit verneinte Olivier Senn, Tour-de-Suisse-Direktor, noch einen möglichen Tour-Abbruch. Das wird dann am späten Freitagabend auch definitiv bestätigt: Die 7. und vorletzte Etappe von Tübach nach Weinfelden wird plangemäss durchgeführt – mit einer Nuance. Die Zeitnehmung für die Gesamtwertung erfolgt 18,8 km vor dem Ziel, nach dem letzten Anstieg des Tages auf dem Ottenberg. Gleichentags beginnt in Weinfelden mit einem Rundstreckenrennen am Abend auch die viertägige Tour de Suisse der Frauen.
Wie oft kommt es im Radsport zu schweren Unfällen?
Wer jeweils zuschaut, wie die Radprofis mit gegen 100 km/h auf ihren schmalen Reifen die Strassen runterbrettern, ist erstaunt, wie selten es dabei zu schweren Unfällen kommt. Generell lässt sich sagen, dass es im Training mit grossem Abstand am meisten Zwischenfälle gibt. Wenn die Radrennfahrer im normalen Strassenverkehr ihre Trainings absolvieren, kommt es leider regelmässig zu tödlichen Unfällen.
Wie geht es Magnus Sheffield, der an der gleichen Stelle ebenfalls gestürzt ist?
Beim Fahrer vom Team Ineos gab es schon am Donnerstagabend eine erste Entwarnung. Der Amerikaner kam mit einer Gehirnerschütterung und Prellungen davon. Ob sich Sheffield und Mäder touchiert haben und deshalb gestürzt sind, oder ob die beiden Unfälle unabhängig voneinander passiert sind, ist noch nicht bekannt, da es weder Bilder noch Augenzeugen vom Unfall gibt. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
Was ist dran an den Vorwürfen von Remco Evenepoel?
Der belgische Radstar sagte nach den Horrorstürzen: «Das war keine schlaue Idee, das Ziel einer solchen Etappe nach einer Abfahrt zu platzieren. Aber man braucht offenbar immer noch mehr Spektakel. Es muss wohl einfach etwas passieren, damit man reagiert.» Dass sich ein Etappenort im Tal und nicht auf dem Pass befindet, ist im Radsport nicht unüblich. Auch aus logistischen Gründen. Im Vorfeld der Etappe hatte sich deshalb auch niemand über die Streckenführung beklagt.
Ist das der erste schwere Sturz während der Tour de Suisse?
Nein. 1948 gab es leider bereits einen tödlichen Zwischenfall. Damals stürzte der Belgier Richard Depoorter bei der Abfahrt vom Sustenpass in einem schlecht beleuchteten Tunnel. Er wurde danach von einem Begleitfahrzeug überrollt.