Stellen Sie sich vor: Jahrelang schuften Sie für Ihren Chef. Tun alles, damit er gut dasteht. Sie sind uneigennützig, gönnen ihm den Erfolg und auch das grosse Geld. Dann geraten Sie eines Tages selbst in seine Position. Erwarten Sie jetzt, dass Ihr Ex-Chef sich für Sie einsetzt?
Diese Gedanken macht sich Geraint Thomas (32). Im schwerreichen Team Sky ist er der Edelhelfer von Superstar Chris Froome (32), dem vierfachen Tour-de-France-Sieger. Doch nun dies: Nach 15 von 21 Tour-Tagen ist aus dem Bauer Thomas ein König geworden, er führt die Gesamtwertung mit 1:39 Minuten vor Froome an. Und meint: «Ich würde das Leadertrikot für kein Geld dieser Welt abgeben.»
Sky hat vor den drei schweren Pyrenäen-Etappen nicht nur die zwei besten Fahrer in den Reihen, Sky hat auch ein Luxusproblem. «Schön zu sehen, dass Froome Zweiter ist, denn das nimmt etwas Druck weg», sagt Thomas mit viel Understatement.
Tatsächlich ist der eigene Teamkollege sein Feind bei Sky! Die Radsportgeschichte zeigt, wie viel Brisanz in teaminternen Duellen steckt. Legendär etwa, wie Greg LeMond (USA) 1986 den Leader bei La Vie Claire und fünffachen Tour-Sieger Bernard Hinault (Fr) in Rente schickt.
Beim Giro 1987 attackiert Stephen Roche (Irl) seinen Carrera-Teamkollegen Roberto Visentini (It) trotz Stallorder. Roche gewinnt den Giro, der demoralisierte Visentini stürzt und gibt auf. 1997 ist Jan Ullrich (De) an der Reihe: Telecom-Leader Bjarne Riis (Dä) gibt ihm in der Tour grünes Licht zum Angriff. Ullrich dankt und löst Riis ab.
Schliesslich Froome selbst. 2012 greift er hinauf nach La Toussuire (Fr) seinen Leader Bradley Wiggins an. Als ein «glitschiges Reptil» beschimpft Wiggins’ Frau Catherine den abtrünnigen Sky-Kronprinzen. Froome selbst anerkennt seinen Fehler: «Ich weiss, dass es eine Hierarchie gibt und ich mich dieser unterordnen muss.» Wiggins gewinnt die Tour auch so, doch seine Ära ist danach vorbei, Froome übernimmt das Zepter.
So tippen die Schweizer
Was passiert diesmal? AG2R-Profi Silvan Dillier: «Sky ist nicht so blöd, sich selbst ein Bein zu stellen. Sie werden alles genau planen.» BMC-Roller Michi Schär legt sich derweil fest: «Froome gewinnt die Tour – und zwar nicht knapp, sondern deutlich. Es würde mich nicht überraschen, wenn Thomas einbricht.»
Teamkollege Stefan Küng setzt dagegen: «Thomas ist im Vorteil. Die Sprint-Etappe über 65 Kilometer am Mittwoch kommt ihm entgegen, weil er spritziger ist.» Thomas gegen Froome – das Duell kann beginnen.
Vom 06. - 28. Juli 2019 findet wieder die Tour de France statt. Hier im BLICK-Ticker gibt es Etappe für Etappe zum Nachlesen. So verpassen Sie nichts von der «Grande Boucle» und haben immer die Übersicht über das gesamte Rennen.
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