Die spinnen, die Schweizer!
Könnte manch einer denken. Warum? Weil wir versuchen, den Chinesen den Radsport beizubringen! Konkret: Die Tour of Guangxi (19.-24. Oktober) steht unter der sportlichen Leitung von Olivier Senn, der normalerweise für die Tour de Suisse verantwortlich. Weitere 17 Schweizer Bereichsleiter und Chauffeure kommen dazu.
Die Rad-Entwicklungshilfe im fernen Osten kommt nicht von ungefähr. Dahinter steckt die Vision des asiatischen Konzerns «Wanda Group», zu der auch InfrontRingier gehört. Das Sportmarketing-Unternehmen wiederum organisiert seit 2015 die Tour de Suisse. Naheliegend also, dass man diese Verbindung nützt.
Das Ziel: In einigen Jahren sollen die lokalen Organisatoren fähig sein, das World-Tour-Rennen selbstständig zu leiten. Ehe es so weit ist, braucht es aber Schweizer Knowhow. «Das ist sehr spannend, denn auch wir können viel lernen», sagt Senn. Er gibt aber zu, dass die letzten Monate auch Nerven gekostet haben. Ein grosses Problem: «Die Chinesen denken nicht langfristig, sondern oft nur von heute auf morgen.»
Letztlich sei der enorme Wille, die Provinz Guangxi im besten Licht darzustellen, entscheiden gewesen. Senn: «Sie wollen ein super Bild abgeben, für sie ist es ein Prestige-Objekt.» Und so kommt es, dass «ein Budget locker gemacht wurde, von dem wir in der Schweiz nur träumen können.»
Geld ist das eine. Die Bereitschaft zur Perfektion das andere. «Wenn wir kritisch fragten, ob man etwas nicht anders machen sollte, antworteten sie: ‹Alles klar, das ist ist erledigt!› Da wird man schon etwas neidisch.»
Extra neue Strassen gebaut
Konkret wurden extra für das Rennen 30'000 Fassaden renoviert und hunderte Kilometer Strasse neu asphaltiert, ja sogar komplett neu gebaut! Senn bringt ein Beispiel: «Sie wollten unbedingt über einen Berg. Doch da war nichts. Also haben sie gleich damit begonnen, Felsen zu sprengen. Als wir zurückkehrten, war die Strasse fertig.»
Und so können die Fahrer nicht nur umwerfende Landschaften bestaunen und sich ob des subtropisch warmen Wetter erfreuen, sondern auch über breite Strassen mit Belag in Formel-1-Qualität rollen. Bleibt noch der sportliche Aspekt. Da wird es manch einer nach der langen, harten Saison eher ruhig angehen lassen. Weil kein Zeitfahren und auch keine langen Bergetappen anstehen, könnten sich letztlich die Sprinter, die auch gut über die Hügel kommen, durchsetzen. «Einer wie Michael Matthews», tippt Senn auf den 27-jährigen Australier, der im Sommer eine Etappe der Tour de Suisse und zwei der Tour de France gewann.
Entscheidender ist aber sowieso etwas anderes: Die grösste Tourismusregion Chinas will sich von seiner Schokoladenseite zeigen. Das sollte – auch dank Schweizer Hilfe – klappen.