Fabian Cancellara ist traurig. «Es tut mir so leid für Stefan. Das ist einfach brutal», sagt der Zeitfahr-Olympiasieger von Rio 2016. Was er meint, ist klar: Küng verpasst in Tokio Bronze um läppische vier Zehntelssekunden – und das nach 44,2 Kilometern und einer Fahrzeit von fast einer Stunde! Während Rohan Dennis (Aus) Dritter wird, hat Küng auch auf den Silber-Platz von Tom Dumoulin (Ho) nur gerade drei Sekunden Rückstand. Einzige der slowenische Ex-Skispringer Primoz Roglic ist unerreichbar – er deklassiert alle und holt Gold.
Zurück zu Küng. Im SRF sagt er: «Das ist hart. Man investiert so viel, feilt am Material herum. Versucht, alles rauszuholen. Und dann sowas.» Der Frust des Thurgauers ist verständlich. «Ich frage mich, wo ich diese vier Zehntel hätte herausholen können. Ich bin schon auch sprachlos, das muss ich zugeben.»
«Paris ist ja schon in drei Jahren»
Cancellara rät Stefan, den Kopf nicht hängen zu lassen – oder zumindest nur kurz. «Die Nadel im Heuhaufen zu suchen, bringt nichts. Stefan hat eine Top-Leistung gebracht, er hat den Schritt zum konstanten Super-Zeitfahrer gemacht. Das muss er mitnehmen.»
Küng ist sich dessen bewusst. Er versucht, das positive herauszustreichen. «Ich fahre seit einem Jahr an der Weltspitze mit. Leider kommen einfach immer wieder andere, die mich schlagen», sagt er. Dann fügt Küng mit einem gequälten Lächeln an: «Paris 2024 ist ja schon in drei Jahren.»
Noch ist aber 2021 nicht vorbei. Bei der EM, WM und bei Paris-Roubaix will Küng angreifen. Und wie lautet sein Rezept, um zunächst den Tokio-Frust zu verdauen? «Ich muss es locker nehmen, sonst kann ich eine Woche lang nicht schlafen.»