Es ist wieder so weit. Die Sportwelt schaut nach Frankreich. Auf den 21 Spitzkehren zwischen Bourg-d’Oisans und Alpe d’Huez erfüllen sich Sehnsüchte, platzen Träume, entstehen Legenden. Sie werden «Kehren des Teufels» genannt.
Bis zu einer halben Million Fans verwandeln dabei den Berg in ein Radsportstadion, in ein natürliches Amphitheater mit überbordenden Emotionen. Dazu sitzen Millionen Zuschauer gebannt vor den Fernsehern. Alle warten auf die ganz grosse Show.
Dabei gibt es steilere, härtere Anstiege bei der Tour de France. Die Pässe Galibier oder Tourmalet gehören dazu oder der schlimmste, der Col de la Forclaz oberhalb von Annecy. Aber die Alpe d’Huez ist der Mythos der Tour de France.
Auf 13,8 Kilometer werden 1110 Höhenmeter überwunden – wer als Erster das Ziel auf 1850 Meter passiert, hat einen Platz in den Geschichtsbüchern auf sicher. BLICK präsentiert schon jetzt sechs legendäre Episoden daraus. Was 2018 passieren wird?
1978: Urinbeutel in der Achselhöhle
Vor 40 Jahren spielte sich auf der Skistation ein grosses Trauerspiel ab. Michel Pollentier (Be) trägt nach der Bergankunft das Gelbe Trikot des Leaders. Sein Versuch, die Dopingprobe mit Hilfe eines unter der Achsel versteckten Urinbeutels – es ist ein gefülltes Kondom – zu manipulieren, scheitert. Der Grund: Der von Pollentier benutzte Schlauch, der unter dem Trikot bis zum Handgelenk reicht, ist verstopft. Der Belgier wird von der Tour ausgeschlossen.
1982: Breu sorgt für Sternstunde
Zum 30. Mal endet eine Tour-Etappe in diesem Jahr auf der Alpe d'Huez. Allerdings gab es bislang nur einen einzigen Schweizer Sieger: Beat Breu. Mit einem wilden Ritt holte sich der Ostschweizer 1982 auf dem Plateau den Sieg und den Spitznamen «Bergfloh». Auch heute noch ist die Kehre 14 ist nach ihm benannt – ganz gemäss der Tradition, dass alle Sieger auf einer Tafel in den Serpentininen verewigt werden. «Das macht mich stolz», so Breu. Auch nach seinem Rücktritt 1995 sorgt er für Schlagzeilen: Ob als Komiker, wegen des Liebeschaos mit seiner Heidi, als Bordell-Chef oder aufgrund seines Rad-Comebacks mit 49 Jahren. Fast schon passend, dass Breu heute nicht mehr im Rad-, sondern in einem echten Zirkus arbeitet – er führt das Bistro des «Cirkus Royal».
1986: Rivalen Hand in Hand
Bernard Hinault (Fr) und Greg LeMond (USA) liefern sich 1986 einen der härtesten Zweikämpfe in der Geschichte des Radsports. Hinault, Chou-Chou der Franzosen und fünffacher Tour-Sieger, will den Rekord. Doch jetzt wird der «Dachs», wie Hinault wegen seiner taktischen Schlauheit genannt wird, erlegt. Und zwar vom Teamkollegen LeMond. Zwei Wochen lang duellieren sie sich gnadenlos, dann überraschen sie im Anstieg nach Alpe d’Huez. Sie reissen aus, und Hinault führt LeMond am Hinterrad zum Tour-Sieg. Hand in Hand fahren sie ins Ziel, Hinault gewinnt kampflos. Danach nippt er an einem Bier und sagt: «Heute hat Greg viel gelernt.»
1995: Pantanis Rekord-Zeit
In der Hochzeit des Dopings stellt Marco Pantani einen Wahnsinns-Rekord auf. Der «Pirata» braucht für die letzten 13,8 Kilometer der Steigung nur 36 Minuten und 40 Sekunden. Zum Vergleich: Hinault und LeMond strampelten 1986 fast 12 Minuten länger. Pantani seinerseits rast im Wiegetritt den Berg hinauf, als gäbe es kein Morgen. Der damals 25-Jährige wird zur Legende, löst in Italien eine «Pantani-Mania» aus. Drei Jahre später gewinnt der Super-Kletterer das Double Giro-Tour. Sein grösster Erfolg. 2004 nimmt sich Pantani, der an Depressionen leidet, das Leben. Er wird mit einer Überdosis Kokain tot in einem Hotelzimmer aufgefunden.
1999: Ein Foto führt zum Sturz
Giuseppe Guerini wird 1997 und 1998 im Giro Dritter. Doch seine grosse Stunde schlägt ausgerechnet ein Jahr später, als er bei der Tour «nur» als Helfer von Telekom-Leader Jan Ullrich (De) unterwegs ist. Solo fährt «Turbo Beppe» in Alpe d'Huez dem Sieg entgegen, freut sich wohl innerlich schon auf die Sternstunde. Doch dann passierts: Wenige Hundert Meter vor dem Ziel kollidiert Guerini mit einem Zuschauer, knallt auf den Asphalt. Alles vorbei? Nein, Guerini gewinnt trotzdem. Was für ein Drama! Übrigens: Der Fan wollte ihm nichts Böses, sondern nur ein gutes Foto schiessen. Weil er aber stets durch den Sucher der Kamera schaut, unterschätzt er die Distanz zum heranbrausenden Guerini. Dieser verzeiht ihm das Malheur später.
2001: Armstrongs «Blick zurück»
Die Szene geht als «The Look» (Der Blick) in die Geschichte des Radsports ein. Lance Armstrong, der nach seiner Krebs-Heilung 1996 durch ein systematisches Doping-Programm den Weg zum Rad-Star schafft, ist dafür verantwortlich. Bereits 1999 und 2000 gewinnt er die Tour, nun soll der Hattrick her. Aber: Armstrong leidet auf dieser 10. Etappe wie ein Schlosshund. Ein «Jour sans», also ein Tag ohne Kraft, wie die Franzosen sagen. Oder? Von wegen! Der Mann aus Texas blufft, zeigt eine Schauspiel-Einlage, auf die Neymar neidisch wäre. Armstrong fährt zu seinem ewigen Rivalen Jan Ullrich auf, blickt ihm tief in die Augen und sprintet davon. «Wir haben mit dem Team Telekom gespielt», gibt Amrstrong später zu.
Vom 06. - 28. Juli 2019 findet wieder die Tour de France statt. Hier im BLICK-Ticker gibt es Etappe für Etappe zum Nachlesen. So verpassen Sie nichts von der «Grande Boucle» und haben immer die Übersicht über das gesamte Rennen.
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