Frauenrennen sind langweilig
«Das Gegenteil ist der Fall. Viele, die Frauenrennen gesehen haben, können das bestätigen. Bei den Männern lässt man oft Ausreisser wegfahren und hält sie an der langen Leine. Erst wenn man sie eingeholt hat, startet das Rennen so richtig. Das gibt es bei den Frauen weniger. Allerdings muss ich zugeben, dass mein Team SD Worx zuletzt eine solche Dominanz erreicht hat, dass es leider etwas langweilig wurde – nicht für mich, aber wohl für die Zuschauer. Wir haben 33 Rennen in diesem Jahr gewonnen, das zweitbeste Team 11 – es ist sehr schwierig, uns zu schlagen. Aber die Zeiten werden sich auch wieder ändern.»
Sie fahren viel langsamer als die Männer
«Das ist eine Tatsache. Im Ausdauersport spricht man von einem Leistungsunterschied von zehn Prozent – wir sind im Schnitt einige Stundenkilometer langsamer. Falls man da aber rückschliessen will, dass die Frauenrennen deshalb langweiliger sind, ist das ein Fehler. Denn es ist immer relativ zur Gruppe, ob ein Wettkampf spannend ist oder nicht. Früher fuhren Männer schneller als heute, weil viele gedopt waren – es war deswegen nicht spannender. Auf der anderen Seite fuhren die Männer 1960 langsamer als Männer heute – langweilig waren ihre Rennen deshalb nicht. Es geht nicht um das Tempo, sondern um die Dynamik im Rennen.»
Es gibt bei den Frauen mehr Quereinsteigerinnen und alte Fahrerinnen
«Ich bin eine Quereinsteigerin, das ist bekannt. Und ich wurde öfter mit diesem Vorwurf konfrontiert. Aber bei den Männern gibt es auch viele Quereinsteiger: Primoz Roglic gewann soeben den Giro, er kommt aus dem Skispringen. Mir muss niemand erzählen, dass Skispringen mit einer Bergankunft im Radsport vergleichbar ist – das sind ganz andere Muskeln und Belastungen.
Zum Vorwurf des Alters: Hinter Roglic wurde Geraint Thomas zuletzt Zweiter beim Giro – er ist 37. Alejandro Valverde fuhr super Resultate mit 39 oder 40 Jahren. Im Ausdauersport zählt die Erfahrung viel, da können die besten Leistungen auch zwischen 30 und 40 erzielt werden (ausser im Sprint).»
Die Leistungsdichte ist gering
«Einverstanden. Sie ist etwas geringer als bei den Männern. Man muss wissen, dass dieser Sport – noch 1970 gab es keine Frauen in einem Wettkampf – relativ jung ist. Erst langsam kommen Strukturen und Teams, es braucht noch einen Moment, bis sich das etabliert hat. Über 100 Jahre lang gab es Sport nur für Männer.»
Frauen sind technisch viel schlechter als die Männer
«Das hängt nicht vom Geschlecht ab. Sondern davon, wie man in seiner Jugend technisch gefördert wurde. Einer unserer Technik-Trainer sammelt Videoausschnitte von grossen Schnitzern im Radsport – da kommt bis Ende Jahr einiges zusammen, und die Männer sind sehr gut vertreten (schmunzelt). Es gibt viele, die ihr Velo nicht gut beherrschen – bei beiden Geschlechtern.»
Es gibt kaum spannende Figuren
«Da muss ich lachen. Man könnte viele aus unserem Peloton wählen, und sie hätten Spannendes über sich zu erzählen, ebenso wie bei den Männern. Aber man muss es halt tun.»
Ein guter Hobbyfahrer könnte bei den Frauen mitfahren
«Männer belächeln mich oft. Aber wenn sie mal mit mir fahren gehen, also das direkte Erlebnis haben, ändern sie ihre Meinung sehr rasch. Wir sehen vielleicht nicht so muskulös aus wie die Männer, doch das heisst nichts. Ein anderes Beispiel: Die Holländerin Lorena Wiebes ist nur 60 Kilo schwer, erreicht bei einem Sprint eine maximale Power von 1500 Watt. Ich würde gerne mal sehen, wie viele Männer das hinbekommen.»
5 Sterne: Marlen Reusser (31, Sz). Sie ist eine der besten der Welt und fährt im besten Team der Welt (SD Worx). Das Zeitfahren bietet ihr die Chance, die Tour zu gewinnen – in den Bergen muss sie dranbleiben.
4 Sterne: Demi Vollering (26, Ho). 22 Rennen, 12 Siege. Die Holländerin ist 2023 das Mass aller Dinge. Teamkollegin von Reusser. Sie will für die Bernerin arbeiten, bei der Tour de France ist es dann umgekehrt.
3 Sterne: Katarzyna Niewiadoma (28, Pol). Die Polin wartet seit vier Jahren auf einen Sieg. Aber sie hat die Klasse, um bei der Tour de Suisse den Spiess umzudrehen. Niewiadoma bringt viel Routine mit.
2 Sterne: Juliette Labous (24, Fr). 1,65 m gross und 54 Kilo schwer: Die Französin ist am Berg eine der Besten. In diesem Jahr gewann sie die Giro-Etappe auf dem Passo del Maniva.
1 Stern: Ricarda Bauernfeind (23, De). So wie Labous ist auch Bauernfeind eine exzellente Kletterin. Ein Fragezeichen ist aber auch für sie das lange Auftaktzeitfahren. Kann sie den Rückstand in Grenzen halten?
5 Sterne: Marlen Reusser (31, Sz). Sie ist eine der besten der Welt und fährt im besten Team der Welt (SD Worx). Das Zeitfahren bietet ihr die Chance, die Tour zu gewinnen – in den Bergen muss sie dranbleiben.
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3 Sterne: Katarzyna Niewiadoma (28, Pol). Die Polin wartet seit vier Jahren auf einen Sieg. Aber sie hat die Klasse, um bei der Tour de Suisse den Spiess umzudrehen. Niewiadoma bringt viel Routine mit.
2 Sterne: Juliette Labous (24, Fr). 1,65 m gross und 54 Kilo schwer: Die Französin ist am Berg eine der Besten. In diesem Jahr gewann sie die Giro-Etappe auf dem Passo del Maniva.
1 Stern: Ricarda Bauernfeind (23, De). So wie Labous ist auch Bauernfeind eine exzellente Kletterin. Ein Fragezeichen ist aber auch für sie das lange Auftaktzeitfahren. Kann sie den Rückstand in Grenzen halten?