Pool-Nixe in Las Vegas

Die ehemalige Zürcher Spitzensportlerin Belinda Schmid gab das wettkampfmässige Synchronschwimmen auf. Für Las Vegas. Der Vorteil im amerikanischen Spielerparadies: Froschmänner!
Publiziert: 04.03.2008 um 16:21 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 20:06 Uhr
Von Carl Schönenberger

Na dann, junge Frau, charakterisieren Sie sich doch gleich selbst. Die Reaktion kommt spontan: ein kratziges Lachen. Danke, das genügt! Das Gegenüber muss nicht lange überlegen. «Ich bin fröhlich, aufgestellt, selbstbewusst. Ich bin eine Powerfrau.»

So sieht sich Belinda Schmid. Ihre Zürcher Wurzeln aus Volketswil leugnet die 27-Jährige nicht. Aber ihre Zelte hat sie längst in einer andern Welt aufgeschlagen, im US-Bundesstaat Nevada, in der Spielerstadt Las Vegas.
Alles ist anders. Und doch ist eines gleich geblieben. Schmids Element ist nach wie vor das Wasser. Zwar kämpft Belinda nicht mehr als Spitzen-Synchronschwimmerin wettkampfmässig um Olympia-Ehren wie 2000 mit Madeleine Perk in Sydney oder 2004 mit Magdalena Brunner in Athen. «Dafür habe ich mein Hobby vor bald vier Jahren zum Beruf gemacht», sagt sie und trauert dem Spitzensport überhaupt nicht nach.

Belinda ist eine von rund 85 Artistinnen der Cirque-du-Soleil-Truppe, die täglich zweimal im Hotel Bellagio auftritt. Seit 1998 gehen dort jeweils um 19.30 und um 22.30 Uhr für die weltberühmte «O-Show» die Spots an. Schmid ist in dieser Zirkus-Truppe nicht die Einzige mit Meriten aus früheren Spitzensport-Zeiten. «Es gibt auch Kunstturner mit Medaillen-Vergangenheit», sagt sie.

Die Truppe ist ein Mix aus Turnern, Akrobaten, Tänzern, Clowns – und eben Synchronschwimmerinnen. «Im Wasser sind wir 15 und damit bloss ein Teil der eineinhalbstündigen Show. Unsere einzelnen Wasser-Einsätze dauern jeweils um die zehn Minuten.»

Den Vergleich zwischen früherem Wettkampf und heutiger Show zieht Belinda Schmid messerscharf: «Die Wettkämpfe haben rund drei Minuten gedauert. Die Shows sind dagegen ein Marathon. Im Kampf um Medaillen haben wir für die Zuschauer gar nicht so spektakulär ausgesehen. Die technischen Finessen waren nur für die Kampfrichter rund um den Pool richtig sichtbar.» In der Show ist das genau umgekehrt. «Technisch sind unsere Vorführungen einfacher, für die Zuschauer sehen sie dafür spektakulärer aus.»

Und im Unterschied zu den Wettkämpfen sind bei den Shows Tricks erlaubt. Belinda macht kein Geheimnis: «Wegen der Lichteffekte können es die Zuschauer zwar nicht sehen. Aber in unserem Pool schwimmen Froschmänner. Während langer Tauchphasen können wir an ihren Sauerstoff-Flaschen andocken und Luft auftanken.»

Belinda Schmid und die Froschmänner – für die in Las Vegas engagierte Schweizerin eine spezielle Beziehung. So hat sie auch ihren amerikanischen Freund kennengelernt: «Während meiner Ausbildungszeit für die ‹O-Show› hat Marty als Tauchlehrer gearbeitet. Er hat mir beigebracht, wie das mit dem Luftholen unter Wasser funktioniert.»

Den ersten Dates im Wasser folgten «Trocken-übungen». Heute sind die beiden ein Paar. Marty arbeitet immer noch für die Cirque-du-Soleil-Truppe. Im letzten Frühjahr haben die beiden etwa 25 Autominuten ausserhalb des Zentrums von Las Vegas ein Haus gekauft. «Unsere Villa Kunterbunt», schwärmt Schmid. Kunterbunt – so farbenfroh haben Belinda und Marty ihr eigenes Heim während ihrer Freizeit selbst gestaltet. Und beide sind stolz drauf.

Verdient man denn als «Zirkus-Nixe» so viel, dass man sich ein eigenes Haus leisten kann? Schmid lacht. «In Amerika ist das ganz normal», sagt sie. «Wir haben unseres ja zu zweit gekauft. Für Artisten gilt der Cirque du Soleil als beste Adresse, bietet einen sicheren Arbeitsplatz. Ich verdiene etwa gleich viel, wie ich in meinem erlernten Beruf als kaufmännische Angestellte bekommen könnte.»

Dass Belinda ihre Unterwasser-Tätigkeit heute als Job versteht, wird klar, wenn sie ihren normalen Tagesablauf skizziert: «Kurz vor Mittag, so gegen elf Uhr, krieche ich aus dem Bett. Gegen 14 Uhr gehe ich gerne ins Fitness. Mein Körper braucht das, damit er seine Leistung bringen kann. Zwischen vier und halb fünf fahre ich ins Geschäft», sagt Schmid. Mit ihrem Cabrio und der kleinen patriotischen Schweizer Flagge hinten am Heck. Umziehen, Schminken, Aufwärmen – «dafür lasse ich mir gerne Zeit». Zwischen den beiden Shows gibts ein Abendessen. «Um ein Uhr nachts komme ich nach Hause, um zwei gehe ich schlafen.»

Eine Wasser-Nixe auf der Sonnenseite des Lebens. «So soll es auch bleiben, solange es mir Spass macht», sagt Belinda – noch einmal begleitet von ihrem kratzigen Lachen.

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