«Ich habe Respekt davor»
Marcel Hug setzt sich mit Karriereende auseinander

Schneller und erfolgreicher als der Rollstuhlathlet geht es kaum. An den Paralympics erreichte Marcel Hug viermal das Podest. Nun findet der Thurgauer endlich Zeit, in Ruhe den Medaillenregen zu verarbeiten, an die Zukunft zu denken.
Publiziert: 14.12.2024 um 13:31 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2024 um 14:16 Uhr
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Ist bald Schluss? Marcel Hug setzt sich intensiv mit der Zeit nach seiner Karriere auseinander.
Foto: freshfocus
Aurelia Robles, GlücksPost
Glückspost

Das ganze Jahr über ist Marcel Hug mit viel Tempo unterwegs. Doch jetzt, da die Saison vorbei ist, hat der Rollstuhlsportler eine gut dreiwöchige Trainingspause hinter sich. «Dann steht der Rennstuhl beiseite», sagt der 38-Jährige. «Der Körper braucht das. Und auch mental brauche ich Abstand von allem.»

So kurz vor Weihnachten ist für ihn die Zeit, in der er im Kreise seiner Liebsten alles etwas langsamer angeht und bewusst innehalten kann. «Während der Saison bin ich immer vorwärtsgerichtet, habe das nächste Ziel vor Augen», sagt er. «Während den Festtagen ist es mir deshalb sehr wichtig, dass ich auf das ganze Jahr zurückschauen kann.» Dann reflektiert er mit Fragen wie: Was habe ich erreicht? Was hat es für mich dafür alles gebraucht? «Aber auch, dass ich stolz auf das Erreichte sein kann.»

Erfolgreiches, aber herausforderndes Jahr für Marcel Hug

2024 markiert in der Karriere des Thurgauers ein weiteres sensationelles Jahr. «Eine Goldmedaille wollte ich bei den Paralympics in Paris erreichen.» Geschafft hat er das im Marathon, dazu noch zwei Silberund eine Bronzemedaille. «Ein sehr erfolgreiches Jahr, alles in allem», sagt er mit einem zurückhaltenden Lächeln. Ansonsten sei es aber auch ein eher herausforderndes Jahr gewesen. Zu Beginn holte er sich eine Prellung am Boston-Marathon, im Oktober am New-York-Marathon brach er sich den Finger. «Das bin ich mir nicht gewohnt, ich hatte jahrelang keine Verletzungen.» Für seinen Körper, den er als Profisportler enorm fordere, sei er überaus dankbar. «Meine Gesundheit hat immer mitgemacht», sagt Hug, der mit Spina bifida, einem offenen Rücken, geboren wurde. «Und auch mein Umfeld hat mich stets unterstützt.»

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Mutiger und richtiger Entscheid

2025 sind es 15 Jahre her, seit sich Marcel Hug entschied, Rollstuhlsport zum Beruf zu machen. «Der Wechsel zum Profisport hat sicherlich Mut gebraucht, weil es nicht üblich war», erinnert er sich. «Aber innerlich war ich überzeugt, dass es funktionieren kann und ich es zumindest probieren will.» Ein wichtiger Meilenstein waren seine ersten Paralympics in Athen 2004, an denen er gleich zwei Bronzemedaillen erlangte. «Ich erlebte einen richtigen Wow-Effekt! Und es war die Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin.»

Mittlerweile gewann Marcel Hug so viele Medaillen an Paralympischen Sommerspielen (insgesamt 16, davon 7 goldene), dass diese nicht mehr alle bei ihm zu Hause in Nottwil LU sind. Eine Goldmedaille aus Tokio 2020 hängt jedoch in seiner Stube, andere bei seinen Eltern daheim oder bei Unterstützungspartnern. «Nie hätte ich gedacht, dass meine Karriere so erfolgreich sein könnte, mit so vielen Medaillen und Weltrekorden. Das ist phantastisch.» Auch die Entwicklung, die der Parasport durchgemacht hat, habe er sich so nicht erträumt. «Natürlich kann noch weitere Entwicklung stattfinden, was Inklusion und die ganze Anerkennung anbelangt. Aber ich sehe vor allem das Positive, was schon passiert ist. Und das ist sehr, sehr viel.»

Marcel Hug feiert mit der Familie

Was kann in seiner Karriere noch kommen? Marcel Hug lächelt erneut etwas schüchtern. Die Motivation ist ein Thema, über das er auch in der Weihnachtssendung von «Gesundheitheute» mit Dr. Jeanne Fürst sowie den Gästen Sängerin Eliane Müller und Clownin Gardi Hutter (21.12., 18.10 Uhr, SRF 1) sprechen wird. «Ich kann nur noch wiederholen oder verbessern – zum Beispiel den Weltrekord im Marathon.» Der Antrieb ist seine Überzeugung, dass es noch besser geht – aber auch die Freude am Sport an sich sowie das Tüfteln am Material. «Da habe ich Optimierungsdrang», sagt Hug, der den Spitznamen «Swiss Silver Bullet» innehat wegen seines Helms.

Ob er an den Paralympics in Los Angeles 2028 teilnehmen wird, kann er noch nicht sagen. «Aktuell setze ich mich sehr stark mit dem Gedanken auseinander, was nach dem Spitzensport kommen könnte», sagt er und gesteht, dass dieser Gedanke schwierig und herausfordernd sei. «Ich habe Respekt davor. Aber so geht es allen Sportlern. Und ich bin zuversichtlich, dass es auch danach einen Weg für mich gibt.»

Es sind Gedanken, die ihn nun sicher auch über die Festtage beschäftigen werden. Weihnachten wird er bei der Familie seines Bruders feiern. «Ich bin sechsfacher Onkel und Götti von einem Meitli», erzählt Marcel Hug. «Da sind feines Essen und gemütliches Beisammensein und natürlich Geschenke Tradition.» Diese Zeit im Kreise von Familie und Freunden geniesst er besonders, denn während des Jahres kommen diese Momente definitiv zu kurz.

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