Marathonläufer Feyisa Lilesa aus Äthiopien, der beim Olympia-Zieleinlauf in Rio mit einer politischen Geste gegen die Regierung in seiner Heimat protestierte, wird nicht mehr zurückkehren. Der Berater des Silbermedaillen-Gewinners, Federico Rosa, erklärt gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: «Ich glaube nicht, dass es irgendeine Möglichkeit gibt, dass er zurückkehrt. Viele sagen, es wäre nicht gut für ihn.»
Lilesa verzichtete am Montag auf die Rückreise nach Äthiopien. Sein Platz im Flugzeug mit der äthiopischen Olympia-Mannschaft blieb leer. Die Maschine landete ohne den Leichtathleten in Addis Abeba.
Die Furcht vor Folter oder sogar dem Tod ist bei Lilesa gross. Nach dem Olympia-Rennen sagte er: «Wenn man über Demokratie spricht, wird man getötet. Wenn ich nach Äthiopien zurückgehe, werde ich vielleicht getötet. Oder sie werfen mich ins Gefängnis.»
Der äthiopische Regierungssprecher Getachew Reda versicherte seinerseits, Lilesa habe trotz seiner politischen Haltung nichts zu befürchten. Im Radio sagte er: «Auch wenn es indiskutabel ist, während der Olympischen Spiele politische Standpunkte zu äussern.»
Das Volk der Oromo, dem auch Lelisa angehört, wird seit mehreren Monaten in der äthiopischen Region Oromia von Auseinandersetzungen zwischen regierungskritischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert. Bisher sollen schon 400 Menschen getötet und Tausende inhaftiert worden sein.
Lilesa wird vorläufig in Brasilien bleiben, auch wenn sein Aufenthaltsstatus ungeklärt ist. Laut Medienberichten könnte er in den USA um Asyl bitten. Seine Familie mit der Ehefrau und den zwei Kindern weilt noch in Äthiopien.
Berater Rosa sagt: «Er hat das alles nicht geplant. Die USA wären eine Möglichkeit, aber zurzeit wissen wir nicht, wohin er gehen könnte.»
Die Hürden für politisches Asyl sind in den USA allerdings hoch. Zuerst müsste er in Brasilien Asyl beantragen, bevor er bei den US-Behörden vor Ort aus humanitären Gründen anfragen könnte. Mit dieser Ausnahme-Erlaubnis, die für Menschen in Gefahr gilt, könnte er in die USA reisen und dort um politisches Asyl nachsuchen.
Sein Schicksal bewegt die Menschen weltweit. Auf einer Spenden-Website wird Geld für Lilesa gesammelt. Bis Mittwochmorgen sind bereits umgerechnet rund 115'000 Franken zusammengekommen. Der Tokio-Marathonsieger könnte in Zukunft auch für ein anderes Land an den Start gehen. Experten spekulieren, dass sich Bahrain oder Katar um Lilesa bemühen. (rib)