Unsere Olympia-Hoffnung trifft sein grosses Idol
Warum Eberharter heimlich über Feuz' WM-Gold jubelte

Beat Feuz (30) «verlocht» vor dem Abflug nach Südkorea auf dem Golfplatz sein Idol Stefan Eberharter (48).
Publiziert: 05.02.2018 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:40 Uhr
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Beat Feuz trifft sein Idol Stephan Eberharter.
Foto: Sven Thomann|Blicksport
Marcel W. Perren

Er ist der coolste Abfahrts-Rennhund der Gegenwart. Je bedeutender das Rennen, umso stärker fährt er. Wenn seine Konkurrenten regelrecht am Druck zerbrechen, kommt Beat Feuz erst so richtig auf Betriebstemperatur. Doch jetzt gerät der Weltmeister und zweifache Lauberhornsieger ausgerechnet bei einem Plausch-Mätschli ins Schwitzen.

«Jetzt bin ich schon ein bisschen nervös», gibt der Emmentaler vor seinem ersten Abschlag auf der Golfanlage in Uderns im Zillertal zu. Es ist nicht die selektive 18-Loch-Anlage, die den «Kugelblitz» ins Zittern bringt. Unsere grosse Olympia-Gold-Hoffnung verfällt wegen der Anwesenheit von Stefan Eberharter in Ehrfurcht.

Der dreifache Weltmeister, Olympiasieger und Gesamtweltcupsieger ist das grosse Vorbild von Feuz. «Eberharters Fahrweise hat mir von Anfang an besonders imponiert. Und ich denke, dass jeder, der Stephans Fahrt 2004 in Kitzbühel gesehen hat, ein Fan von ihm sein muss. Das war absolut genial!»

Eberharter bei einem seiner vielen Siege seiner Karriere: 2002 siegt er in Wengen.
Foto: Reuters

Bei der ersten Begegnung mit dem Schweizer zeigt der Tiroler Altmeister trotz besserem Golf-Ranking aber eine Schwäche. Während sich Feuz (Handicap 12) mit einem Par am ersten Loch schadlos hält, benötigt Eberharter (Handicap 6) gleich zwei Schläge mehr.

Bei zu wenig Schnee stieg Feuz auf die Inline-Skates um

Beat ist sichtlich erleichtert und beginnt mit der Erzählung der Geschichte, wie er als Kind auf der Strasse Eberharter gespielt hat: «Wenn auf der heimischen Ski-Piste zu wenig Schnee lag, verlegte ich mein Training auf die Gasse, die von meinem Elternhaus ins Dorf hinunter führt. Ich stellte mir mit Strassen-Pylonen einen Riesen- oder Slalom-Parcours auf, den ich mit meinen Inline-Skates bewältigte. Ich fuhr dabei immer die Top-30 der Weltrangliste durch. Das heisst: Die erste Fahrt bestritt ich als Führender dieser Rangliste. Das war mal Stephan Eberharter, Lasse Kjus oder Mike von Grünigen. Zuletzt fuhr ich dann meinen 30. Lauf unter dem Namen, der damals Rang 30 in Liste belgete.»

Stephan Eberharter (l.) und Beat Feuz absolvieren zusammen den Golfkurs im österreichischen Zillertal.
Foto: Sven Thomann

Bei jedem Lauf habe er eine Uhr um den Hals getragen. «Weil ich mir unter dem Namen meines grossen Vorbilds besonders viel Mühe gab, stellte ich die meisten Bestzeiten als Eberharter auf.»

In der Zwischenzeit haben Feuz und Eberharter sechs Löcher gespielt – der Schweizer liegt deutlich in Führung. Und der «Steff» verneigt sich ein erstes Mal vor Beat: «Du hat meinen vollen Respekt und meine Sympathie. Als du 2017 bei der WM in St. Moritz Gold in der Abfahrt gewonnen hast, durfte ich mir rein äusserlich in Anwesenheit meiner österreichischen Landsleute nichts anmerken lassen. Aber innerlich habe ich gejubelt, weil du ja zuvor eine ähnliche Leidensgeschichte geschrieben hast wie ich.»

Feuz nickt: «Als ich im November 2012 mit einem schweren Knie-Infekt im Spital lag, habe ich besonders oft an deine Geschichte gedacht. Dich hatte man ja auch schon abgeschrieben, nachdem du nach zwei Goldmedaillen bei der WM 1991 in ein sportliches Loch gefallen bist. Fast niemand mehr hat damals an dein Comeback geglaubt. Und dann bist du 1998 stärker als je zuvor zurückgekehrt. Deine Geschichte hat mir extrem viel Mut gemacht.»

Eberharter kam dank Golf aus dem Loch

Eberharter verwertet auf dem 14. Loch einen langen Put. «Mein erster geglückter Schlag heute», tönt er mit geballter Faust. Dann hält der Vater eines achtjährigen Sohnes fest: «Der Golfsport hat mir vor rund 20 Jahren extrem geholfen, meine Ski-Krise zu überwinden. Golf ist meines Erachtens der perfekte Kontrast zum Skisport. Auf der Piste ist es immer weiss und ziemlich kalt, auf dem Golfplatz ist es wunderbar grün und meistens warm. Das hat meiner Seele sehr gut getan.»

Eberharter: «Alle waren Fan von Hermann Maier.»
Foto: Sven Thomann

Feuz untermauert diese These: «Ich habe nach meinem Knie-Infekt mit dem Golf-Sport angefangen. Ich wollte nach unzähligen Stunden in den Spitälern und Therapie-Zentren spielerisch auf andere Gedanken kommen.»

Das funktioniert so gut, dass Feuz sein grosses Ski-Idol besiegt. Nach dem letzten Loch liegt er drei Schläge vor Eberharter. Dieser streckt ihm die Hand entgegen: «Es freut mich, das ich dein Vorbild sein durfte. Zumal in meiner Aktivzeit ja sonst fast alle Buben Fans von Hermann Maier waren. Aber du bist wirklich ein grossartiger Sportler und ein ganz feiner Mensch.»

Diese Worte aus dem Mund des Helden seiner Kindheit dürften Beat Feuz in einer Woche bei der Olympia-Abfahrt zusätzlich beflügeln.

Olympia 2018 in Pyeongchang

Im Februar finden in Südkorea vom 9. bis 25. Februar die 23. Olympischen Winterspiele statt. Hier finden Sie alle wichtigen Informationen rund um das Grossereignis in Pyeongchang: Zeitplan, Sportarten, TV-Übertragung und alle Schweizer Athleten.

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