TV-Nachtvogel über die Olympia-Erlösung im Meer
«Es wird die einzige Medaille für Österreich bleiben!»

TV-Nachtvogel Roger Benoit über die 11. Olympia-Nacht, die um 23.20 Uhr endlich den ersten Podest-Auftritt von Österreich erlebte.
Publiziert: 17.08.2016 um 07:31 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:54 Uhr
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Die Segler Thomas Zajac und Tanja Frank gewinnen Bronze für Österreich in Rio.
Foto: KEY
Roger Benoit

Wir applaudieren mit. Doch acht Minuten später dämpft ORF-Moderator Rainer Pariasek alle weiteren Hoffnungen: «Es wurde Zeit – und das ist bereits wieder die schlechte Nachricht. Es wird die einzige Medaille für Österreich bleiben. Deshalb freuen wir uns jetzt umso mehr!»

Billeter geht fremd…

SRF-Moderator Jann Billeter war fünf Minuten nach der Zieldurchfahrt bei den Nacra-17-Teams mit je einer Frau und einem Mann ins benachbarte ORF-Studio gestürmt: «Hallo Seglernation Österreich. Da habe ich von euch schon etwas mehr Jubel erwartet.» Das war um 20.47 Uhr.

Es waren dann ergreifende Bilder auf dem Podest. Ganz oben der Argentinier Santiago Lange (54), der vor zwei Jahren noch den Lungenkrebs besiegt hatte. Die Austria-Helden: Thomas Zajac und die blonde Tanja Frank (23), die mit 17 Jahren schon einen Uni-Abschluss in Ernährungswissenschaft machte. Und einen IQ von über 170 besitzt.

Zuletzt am 15. August 2008

«Ihr seid unsere neuen Helden», sagt der Reporter beim Interview. Es war übrigens die erste sommerliche Austria-Olympiamedaille seit dem 15. August 2008 in Peking, als die Kanutin Violetta Oblinger-Peters ebenfalls Bronze holte.

Um 23.25 Uhr kam unser nach dem Boden-Finale enttäuschtes Turn-Schätzchen Giulia Steingruber ins SRF2-Studio zu Steffi Buchli. Diese verteilt der Ostschweizerin während des Gesprächs («Ans Aufhören habe ich noch nicht gedacht») einmal sogar die «Goldmedaille beim Sprung». Es gibt schlimmere Versprecher…

«Nehmt ihm die Pistole weg»

Die Nacht kommt in Fahrt. Wir sind mit SRF2 im Rad-Stadion – und erleben einen zweifachen Fehlstart beim spektakulären Keirin-Finale. Jeweils ein Schuss in die Höhe stoppt das Rennen.  Nach zwei minutenlangen Diskussionen wird kein Fahrer ausgeschlossen. «Wechselt den Kommissär aus», fordert Experte Sven Montgomery, «nehmt dem Mann die Pistole weg», sagt Claude Jaggi.

Das goldene Traumpaar

Es gewinnt der Brite Jason Kenny (28) – und neben der Bahn bricht Laura Trott (24) hemmmungslos in Tränen aus. Sie hatte kaum eine Stunde zuvor an selber Stelle Omnium-Gold gewonnen – und ist die Verlobte von Jason. Sie fallen sich um den Hals, das Stadion ist wie wir gerührt. Es ist die perfekte Zehn. Denn genau soviele Goldmedaillen haben beide bisher zusammen gewonnen. Er sechs, sie vier.

Bronze, Silber, Gold…

Um 00.20 Uhr sind wir im ARD-Studio, wo Moderator Alexander Bommes den deutschen Turn-König Fabian Hambüchen zu Gast hat: Nichts in Athen, Bronze in Peking, Silber in London und jetzt das Gold in Rio am Reck. Daneben sitzt sein Vater und Trainer. Sie lachen, als aber das Gespräch auf die Zusammenarbeit kommt, sagt Fabian: «Wechseln wir doch das Thema! Und fahren wie früher zusammen nach Südfrankreich in die Campingferien…»

Zappen ist wieder angesagt. Und brasilianische Tränen. Im Damen-Fussball (Schweden steht nach einem Penalty-Krimi gegen den Topfavoriten im Final gegen Deutschland). Auch die Samba-Girls von der Copacabana scheitern im Beachvolleyball  – an Deutschland…. Doch um 06.02 Uhr tobt dort die Arena, weil das zweite Brasil-Team Topfavorit USA in zwei Sätzen schlägt. Ruefer und Laciga sind also bis 01.02 Uhr Lokalzeit im Einsatz.

Mit Bananen zu 473 Kilo?

Um 01.50 Uhr gehts zu den Gewichthebern über 105 Kilos. Der Georgier Lascha Talachadse bringt als stärkster Mann der Welt im Stossen und Reissen unglaubliche 473 Kilo hoch – Weltrekord. «Können wir das wirklich glauben?», fragt der Reporter. Und schon wieder diese versteckten Dopingvorwürfe. Na ja, mit Steaks, Wasser und Bananen sind solche Leistungen fast unmöglich…

Und wenn wir schon dabei sind. Die russische Weitspringerin Darja Klischina (25), die seit 2013 in Florida wohnt, darf jetzt doch wieder starten. ARD-Experte Frank Busemann (ehemaliger Super-Zehnkämpfer) findet «alles recht sonderbar. Ich glaube die Freunde der Leichtathletik können das alles nicht mehr nachvollziehen!» Die Russin springt übrigens mit 6,64 Metern locker in den Final vom Mittwoch.

Sieger salutiert, Renaud weint

Um 02.06 Uhr erleben wir eine seltsame Siegerehrung. In der Mitte steht Nationalheld Braz Thiago da Silva, der Sensations-Mann im Stabhochsprung. Rechts von ihm der Franzose Renaud Lavillenie, der Weltrekordler. Seine Miene sagt alles. Bei SRF2 hören wir, dass er die Pfiffe vor seinen Sprüngen mit den Nazi-Spielen 1936 verglichen hat. Diese Frust-Meldung aber gleich wieder mit einer Entschuldigung vom Netz nehmen musste.

Während Da Silva bei der ganzen Hymne wie ein Soldat salutiert, steht vor ihm der geschlagene Superfavorit. Und weint, was das Zeug hält.

Mujinga: «Es het gfägt!»

Im Leichtathletik-Stadion ist auf dem Asphalt weniger los. Um 03.02 Uhr muss Mujinga Kambundji als 6. in ihrem Halbfinal mit 22,83 ausscheiden. «Auf dem Papier ist sie chancenlos», hatte SRF2-Kommentator Patrick Schmid schon vorher relativ sicher ankündigen können. Die Bernerin zog bei Interview-Mann Lukas Studer trotzdem ein positives Rio-Fazit: «Es het gfägt!»

Nachher gibts mit 2,38 Metern noch Hochsprung-Gold für den Kanadier Derek Drouin. Über 1500 Meter der Frauen siegt die Kenianerin Kipyegon vor der Äthiopierin Dibaba. Und das Gold über die 110 Meter Hürden holt sich der Jamaikaner Omar McLeod. SRF2-Schmid schrie: «Keine Medaille für die Hürden-Nation USA!»

USA-Bilanz: 28 – 28 – 28

So wachte der Leader des weiterhin so prestigeträchtigen Medaillenspiegels vor dem 12. Wettkampftag (nach 203 von 306 Entscheidungen) eben mit 28 mal Gold, 28 mal Silber und 28 Mal Bronze auf…

Gute Nacht, liebe Konkurrenz. Und Österreich grüsst jetzt endlich vom 69. Platz vom Medaillenspiegel!

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