Sprint-Staffel mit neuem Schweizer Rekord
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Kambundji und Co in Top-Form:Sprint-Staffel mit neuem Schweizer Rekord

Sogar der Super-Fan ist in Tokio dabei
Das sind die vier Sprint-Frauen, die Olympia-Geschichte schreiben wollen

Lea Sprunger hat die Schweizer Sprintstaffel mit aufgebaut. Jetzt fiebert sie mit ihren Nachfolgerinnen und stellt die Frauen vor, die am Freitag Geschichte schreiben können.
Publiziert: 05.08.2021 um 19:48 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2021 um 18:30 Uhr
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Die Staffel-Frauen haben grosses vor: Salomé Kora, Ajla del Ponte, Mujinga Kambundji und Riccarda Dietsche (v.l) greifen im Olympia-Final an.
Foto: keystone-sda.ch
Emanuel Gisi aus Tokio

Es kann ein grosser Olympia-Tag werden: Nach den Gala-Auftritten von Ajla Del Ponte und Mujinga Kambundji über 100 und 200 m bekommen unsere Sprint-Raketen die Gelegenheit, die Spiele endgültig zu veredeln. Mit der 4x100m-Staffel können die Schweizerinnen in Tokio Geschichte schreiben. «Im 100er-Final waren drei Jamaikanerinnen und zwei Schweizerinnen. Wir können eine Medaille holen!», sagt Lea Sprunger (31). Die 400m-Hürden-Europameisterin von 2018 ist eine der Mütter der Schweizer 4x100m-Erfolgsgeschichte, half von 2011 bis 2015 mit, die Staffel aufzubauen. Edelmetall wäre historisch, noch nie gab es eine Schweizer Sprintmedaille bei Olympischen Spielen. Es wäre ein Riesenerfolg für «ein Team, das ohne Egos auskommt», sagt Sprunger. «Vielleicht bekomme ich jetzt Ärger mit den Männern. Aber das haben die Frauen in der Schweizer Leichtathletik in den letzten Jahren viel besser gemacht. Sie funktionieren sehr harmonisch, brauchen keine Hierarchie.» Im Blick stellt die Waadtländerin ihre Sprint-Kolleginnen vor:

Ajla Del Ponte (25), die Ex-Mitbewohnerin

«Ajla kenne ich von allen Staffel-Frauen am besten», sagt Sprunger über die neue Schweizer Rekordhalterin über 100 m, die im Olympia-Final auf Platz 5 sprintete. «Schliesslich haben wir in Holland sogar zusammen gewohnt.» Das war während der Corona-Zeit in Papendal, wo beide beim Fribourger Laurent Meuwly trainieren, fern von Familie und Freunden. Gemeinsamer Programmpunkt damals: Die Netflix-Serie «Grace & Frankie», in der zwei Frauen über 70 durchs Schicksal zu einer WG werden. «Wir sind uns sehr ähnlich, haben einen ähnlichen Rhythmus», sagt Sprunger über die WG mit Del Ponte. «Wir haben uns in dieser Zeit gegenseitig sehr geholfen. Ajla ist sehr intelligent, sie liest sehr viel, interessiert sich sehr für Geschichte.» In den letzten Jahren hat die Tessinerin sich nicht nur auf der Bahn weiterentwickelt. «Sie ist jemand, die sehr stark zuerst an die anderen denkt. Sie musste lernen, sich selber ins Zentrum zu stellen. Jetzt hat sie sich grossartig entwickelt, ist eine Leaderin im Team geworden.»

Mujinga Kambundji (29), die Marathon-Sprinterin

«Sie hat nie Stress», ist Sprunger beeindruckt. Auch nicht in diesen Tagen, wo Kambundji mit jeweils drei Läufen über 100 und 200 m praktisch jeden Tag im Olympia-Einsatz steht. Am Freitag startet sie zum achten Mal – ein Sprint-Marathon. «Wenn ein Wettkampf durch ist, geht sie den nächsten an. Das klingt einfach, ist es aber überhaupt nicht. Sie lässt es einfach aussehen.» Sprunger bekommt das Pensum der doppelten Olympia-Finalistin (Platz 6 über 100 m, Platz 7 über 200 m) hautnah mit: Die beiden sind im Olympischen Dorf in derselben Wohnung. «Mujinga nimmt sich trotz ihrem Pensum für alle möglichen Leute Zeit, fragt nach, wie die Wettkämpfe gelaufen sind. Es gibt niemanden, für den sie nicht ein nettes Wort übrig hat. Sie ist ein ruhiger Mensch, mit dem man über die verschiedensten Themen diskutieren kann.»

Salomé Kora (27): Die Entschlossene

«Sie weiss, was sie will», sagt Sprunger. «Sie ist ein paar Risiken eingegangen. Zum Beispiel, als sie sich entschieden hat, in eine serbische Trainingsgruppe zu wechseln, zu einem Coach, der eigentlich kein Sprinttrainer ist. Da hat Salomé auf ihr Bauchgefühl gehört – und es hat geklappt.» Die diplomierte Oberstufenlehrerin ist mit einer Bestzeit von 11,12 Sekunden die Nummer 3 im Schweizer Team. «Ohne sie haben wir keine Chance auf eine Staffelmedaille! Sie wird die schwierige Aufgabe der Schlussläuferin übernehmen. Ein harter Job, wenn du in aussichtsreicher Position den Stab bekommst und das Rennen dann heimbringen musst.»

Riccarda Dietsche (25): Die Neue

«Man hat immer von den anderen vier geredet – und dann war plötzlich Riccarda da», sagt Sprunger über die Ostschweizerin, die diesen Sommer ihre persönliche Bestzeit gelaufen ist. «Sie steht nicht so gern im Mittelpunkt, ist auch eher jemand, die sich um die anderen kümmert.» Diese Saison wurde Dietsche fester Bestandteil der 4x100-m-Staffel, weil Atcho verletzt war und seither nicht in Bestform gekommen ist. Auch am Freitag steht sie im Aufgebot – sie übernimmt den Part der Startläuferin. «Sie konnte bestätigen, dass sie da reingehört. Das ist nicht einfach, plötzlich im Rampenlicht zu stehen, wenn man neu in ein erfolgreiches Team reinkommt.»

Sarah Atcho (26), der Super-Fan

«Sie ist die, die immer gut gelaunt ist, die alles positiv sieht. Das ist vielleicht gerade im Moment nicht einfach», sagt Sprunger. Atcho wurde in den letzten Monaten immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. «Man sieht bei ihr, wie schnell es gehen kann: Sie war die letzten Jahre immer dabei und jetzt muss sie zuschauen.» Die 26-Jährige ist trotzdem wichtig bei Olympia: Sie ist der Schweizer Super-Fan im Athletendorf. Auf Instagram postet sie Video-Schnipsel, wie sie mit allen möglichen Schweizer Olympia-Athleten mitfiebert. «Sie ist der Super-Influencer von Swiss Olympic», sagt Sprunger lachend. «Aber das ist total authentisch, das ist einfach Sarah. Bei ihr kommt das von Herzen.» Das klingt ja vielversprechend: Vier Raketen und ein Super-Fan. Was soll da noch schiefgehen?

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