Belinda Bencic steht im Olympia-Final! Damit hat sie mindestens die Silbermedaille auf sicher. «Unfassbar, es ist einfach ein Traum», sagt Bencic auf die erste Frage von Blick, «ich habe immer von einer Medaille geträumt, aber ich habe es nicht für möglich gehalten.»
Mental war es ein Halbfinal zwischen Himmel und Hölle. «Der Stress war riesig. Ich dachte schon, ich hätte es versaut», so die 24-jährige Ostschweizerin, die sich in einem wahren Abnützungskampf in zweidreiviertel Stunden 7:6 (7:2), 4:6, 6:3 gegen die Kasachin Jelena Rybakina durchsetzt.
Ein Dutzend Doppelfehler und nur sechs Asse
Bereits der Gewinn des ersten Satzes gegen die Nummer 20 der Welt ist eine absolute Willensleistung. Bencic gerät nach einer frühen 2:0-Führung 2:5 in Rückstand und wehrt sechs Satzbälle ab, ehe sie sich in einem starken Tiebreak durchsetzt.
Im zweiten Satz führt Bencic 2:0 und 3:2, doch Rybakina lässt sich nicht abschütteln. Die Schweizerin bekundet phasenweise grosse Mühe mit ihrem Aufschlag. Sie leistet sich 12 Doppelfehler (6 Asse), während die 1,84 m grosse gebürtige Russin von 14 Assen profitieren kann. Doch Bencic lässt sich nie unterkriegen.
Im entscheidenden Durchgang liegt sie zweimal mit Break zurück, doch am Ende beweist sie Nervenstärke. Sie gewinnt die letzten vier Games und mit einem Aufschlagwinner beim ersten Matchball die Partie. Erst dann lässt sie ihren Emotionen vollen Lauf. Sie sinkt in die Knie und kann die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Im Doppel «auf Teufel komm raus»
«Ich weiss nicht mehr, ob ich im letzten Game überhaupt geatmet habe», erklärt sie mit nassen Augen im Interview bei SRF. «Ich konnte nicht mehr klar denken.» Sie sei manchmal am Ende gewesen und habe das Gefühl gehabt, es gehe nicht mehr. «Aber ich bin irgendwie zurückgekommen. Ich habe alles gegeben, das macht den Sport aus.»
Im Final trifft Bencic auf die tschechische Linkshänderin Marketa Vondrousova (22, WTA 42), welche die Weltnummer 6 Jelina Switolina aus der Ukraine in zwei Sätzen 6:3, 6:1 ausschaltet.
Zuvor tritt sie aber noch zum Doppel-Halbfinal mit Viktorija Golubic gegen die Brasilianerinnen Laura Pigossi/Luisa Stefani an. «Jetzt spielen wir auf Teufel komm raus», verspricht sie und nimmt die zweite Medaille ins Visier. Danach haben die Tennisspielerinnen am Freitag einen wohl verdienten Ruhetag.
Um Einzel-Gold spielt Bencic am Samstagmorgen. Die beiden Medaillen-Spiele bei den Frauen sind ab 5 Uhr Schweizer Zeit angesetzt. Welche Partie zuerst steigt, ist noch offen. Gut möglich aber, dass zunächst das Bronze-Spiel stattfindet und Belinda pünktlich zum Samstagsfrühstück ab ca. 9 Uhr nach Gold greift. (SDA/sri)
Olympia 2020: Belinda Bencic – Jelena Rybakina im Ticker mitverfolgen