Seit den Olympischen Winterspielen in Nagano 1998 ist die Schweiz mit ihrem eigenen Gästehaus an den Olympischen Spielen vertreten. Das House of Switzerland ist nicht nur Treffpunkt der Schweizer Athleten, Journalisten und der einheimischen Bevölkerung, sondern empfängt über die Jahre auch regelmässig prominente Entscheidungsträger aus Sport, Politik und Wirtschaft. 2014 in Sotschi treffen sich Ueli Maurer und Wladimir Putin im mobilen Fichtenholz-Konstrukt auf ein Raclette, am 1. August in Rio zwei Jahre später singt Marc Sway und 2018 hält IOC-Präsident Thomas Bach im Swiss House in Pyeongchang eine Rede. Drei Jahre später sieht es so aus, als müssten die Olympischen Spiele erstmals seit 23 Jahren ohne die Schweizer Marketing- und Netzwerkplattform auskommen.
Deutschland hat seine Gästehaus-Pläne schon abgeblasen und auch das Österreich-Haus wird höchstwahrscheinlich nicht in Tokio aufgebaut. Die Schweiz lässt sich für diesen Entscheid etwas länger Zeit – bis Ende April, um genau zu sein. Grund dafür ist auch, dass die deutschen und österreichischen Häuser nur geladenen Gästen Einlass gewähren, während das House of Switzerland auch öffentlich zugänglich ist.
Keine Medaillenfeiern im Olympiahaus
Viel am Schlussresultat ändern wird die längere Bedenkfrist der Schweiz aber kaum. Japan ist am Rande einer vierten Corona-Welle, weshalb ausser den Olympiateilnehmern keine ausländischen Gäste ins Land einreisen dürfen. Den Mitarbeitenden von «Präsenz Schweiz», das im Auftrag des EDA das Olympiahaus-Projekt leitet, ist das Einreisen nach Tokio zwar nicht verboten, aber mit einer zweiwöchigen Quarantänepflicht verbunden. Ausserdem ist es den Athleten untersagt, direkten Kontakt mit Journalisten oder anderen akkreditierten Olympia-Teilnehmern zu haben. Folglich gäbe es im House of Switzerland dieses Jahr also auch keine ausgelassenen Medaillenfeiern, wie man sie von vergangenen Olympia-Erfolgen kennt.
Für Nicolas Bideau, Direktor von «Präsenz Schweiz», zählen beim Projekt House of Switzerland aber nicht in erster Linie die Medaillenfeiern, sondern Wirtschaftsförderung und Werbung für die Marke Schweiz. Deshalb entschied sich das Komitee auch für einen Standort im geschäftigen Shibuya, und deshalb sieht Bideau keinen Zweck in einem öffentlich nicht zugänglichen Olympiahaus: «Wenn es nicht möglich ist, im House of Switzerland öffentliche Veranstaltungen zu organisieren, dann macht es definitiv keinen Sinn».
Falls in Japan wirklich kein Swiss House steht, hat «Präsenz Schweiz» wenigstens schon für 2022 vorgesorgt: In China sollen nämlich gleich zwei Schweizer Olympiahäuser aufgestellt werden, eins in Peking selbst und einst im 100 Kilometer entfernten Skiresort in Zhangjiakou. (tim)