Olympia 2024
Alle Schweizer Teilnehmer in Paris im Porträt – mit Sensations-Potenzial

Blick stellt alle Schweizer Olympia-Teilnehmer von Paris vor. Diese Athleten haben Sensations-Potenzial.
Publiziert: 19.06.2024 um 14:28 Uhr
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Aktualisiert: 25.07.2024 um 15:34 Uhr
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Stefan Bissegger, Rad.
Foto: keystone-sda.ch

Stefan Bissegger

Rad, Strassenrennen und Zeitfahren
13. September 1998
Felben-Wellhausen TG
Grösster Erfolg: Europameister Zeitfahren 2022 in München (De)

Im Strassenrennen dürfte Bissegger chancenlos sein, da wird er Teamkollege Stefan Küng helfen. Aber beim Zeitfahren? Da könnte die Stunde des Thurgauers schlagen. Nach einem schwierigen Jahr ist er wieder besser drauf. Dennoch: Ein Exploit ist nötig, zu den Top-Favoriten zählt er nicht. Bissegger konnte sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen um die Olympia-Selektion gegen Marc Hirschi durchsetzen. Wegen seines kräftigen Körpers wird Bissegger oft auch «Muni» genannt.

Esmée Böbner/Zoé Vergé-Dépré

Beachvolleyball
3. November 1999 / 23. Februar 1998
Bern/Bern
Grösster Erfolg: Bronze Elite16-Turnier Brasilia 2024

Paris ist die Olympia-Premiere für dieses junge Duo. Esmée Böbner und Zoé Vergé-Dépré spielen seit 2017 zusammen und sind in den letzten Jahren als Team enorm gewachsen. Entgegen der gängigen Praxis, eine junge Spielerin an die Seite einer routinierten zu stellen, haben sie als Teenagerinnen ihren Weg gestartet und dank der besten Saison ihrer bisherigen Karriere die Bronze-Gewinnerinnen von Tokio – Anouk Vergé-Dépré und Joana Mäder – im Rennen ums zweite Schweizer Olympia-Ticket ausgestochen. Erst in dieser Saison feierten Böbner und Zoé Vergé-Dépré den ersten Turniersieg als Profis und gewannen Bronze am Elite16-Turnier (höchste Kategorie) in Brasilia, was ihnen punktemässig den entscheidenden Vorsprung im Olympia-Ranking auf ihre internen Konkurrentinnen brachte.

Viktorija Golubic

Tennis
16. Oktober 1992
Winkel ZH
Grösster Erfolg: Olympia-Silber im Doppel 2021

2021 brillierte Viktorija Golubic an der Seite von Belinda Bencic, als die beiden Freundinnen in Tokio im Doppel Silber holten. Die 31-Jährige aus dem Zürcher Auzelg ist aktuell die bestklassierte Schweizer Tennisspielerin, sie hält sich in Abwesenheit von Bencic (in Baby-Pause) als einzige in den Top 100. Golubic, die auch im Kartenspiel Gemsch nicht untalentiert sein soll, erreichte ihr bestes Grand-Slam-Ergebnis im Einzel ebenfalls 2021. Und zwar in Wimbledon, als sie in den Viertelfinal stürmte. In Roland Garros, wo heuer das Olympia-Turnier über die Bühne geht, kam sie noch nie über die zweite Runde hinaus.

Matthias Kyburz

Leichtathletik, Marathon
05. März 1990
Belp BE
Grösster Erfolg: Gold im Orientierungslauf an der Heim-WM 2023 über Mitteldistanz und Staffel


Seine Geschichte ist schon vor dem Beginn der Spiele sensationell: Ein Leben lang ist Matthias Kyburz OL-Läufer, gewinnt in dieser Sportart fast alles – 8x WM-Gold, 9x EM-Gold, 6x den Gesamtweltcup, 25 Weltcupsiege. Zeit, neue Reize zu setzen. Um diesen Frühling zu Hause bei seiner neugeborenen Tochter trainieren zu können, steigt Kyburz anfangs 2024 kurzerhand auf den Asphalt um. Anfänglich einfach, um sein Leistungsvermögen im Marathon zu testen. Daraus wird ernst. Mit prominenter Unterstützung von Ex-Europameister Viktor Röthlin strebt er nach nur rund dreimonatigem Marathon-Training die Limite für Paris an – ebenfalls in Paris. Auf Anhieb wird der Fricktaler anfangs April der drittbeste Marathonläufer der Schweiz aller Zeiten! Von der reinen Zeit her hat Kyburz eigentlich kaum eine Chance, den Weltbesten über die 42,195 km ein Schnippchen zu schlagen. Aber beim Olympia-Marathon spielt die Taktik eine grosse Rolle – und das coupierte Terrain kommt ihm als Orientierungsläufer entgegen. Auf jeden Fall hat er in Paris schon einmal die gesamte Laufwelt überrascht.

Timothé Mumenthaler

Leichtathletik, 200 m
12. Dezember 2002
Onex GE
Grösster Erfolg: Europameister 200 m

Dieser Mann verblüffte Anfang Juni alle: Timothé Mumenthaler sprintete an der EM in Rom sensationell zu Gold über 200 m. Der 21-jährige Romand, der das Gymnasium besuchte, um einst Astrophysiker zu werden, hat körperlich schwierige Jahre hinter sich. Es gab Phasen, in denen er grosse Trainingsbelastungen nicht gut verkraftete. 2023 aber kämpfte er sich allmählich zurück, holte an der U23-EM in Finnland Bronze über 200 m. Nun darf er ein Jahr später – nach dem Coup von Rom über dieselbe Distanz – vom nächsten Wundersprint träumen. Daneben konzentriert er sich übrigens auf sein Studium an der EPFL in Lausanne. In Mikrotechnik.

Albane Valenzuela

Golf
17. Dezember 1997
Irving (USA)
Grösster Erfolg: Rang 4 Major-Turnier Chevron Championship 2024


Mehr Multikulti geht kaum. Die Golferin ist die Tochter eines Mexikaners und einer Französin, kam in New York auf die Welt und wuchs in Genf auf. So entstand das Projekt, für die Schweiz zu starten – nun ist Valenzuela nach Rio 2016 und Tokio 2021 schon zum dritten Mal am Olympia-Turnier dabei, das erste Mal in Brasilien noch als Amateurspielerin und als Jüngste der Schweizer Delegation. Als Amerikanerin wären ihre Olympia-Quali-Chancen ungleich schwerer. Nun ist sie seit Jahren bestplatzierte Schweizerin in den Rankings.

Scott Bärlocher / Jonah Plock / Dominic Condrau / Maurin Lange

Rudern, Doppelvierer Herren
30. August 1997 / 27. Mai 1998 / 17. August 1999 / 3. September 2000
Wettingen AG / Rapperswil-Jona SG / Rapperswil-Jona SG / Kriens LU
Grösster Erfolg: EM-Silber 2024

Alle vier haben eines gemeinsam: Auf dem Weg nach Paris mussten sie einige Hürden überwinden. Jonah Plock zum Beispiel wurde bis zur U23 nie für eine Weltmeisterschaft nominiert. Ein Spätzünder ist auch Scott Bärlocher. Der Aargauer entdeckte den Rudersport erst mit 15 Jahren. Zuvor hatte er sich im Tennis, Unihockey und Judo ausgetobt. An den Europameisterschaften Ende April sicherten sie sich im Doppelvierer die Silbermedaille. So erfolgreich war die Schweiz in dieser Bootsklasse seit 1990 nicht mehr. Wie gut die vier harmonieren, beweist ihr Programm nach den Olympischen Spielen: Sie fahren gemeinsam in den Urlaub nach Schottland.

Audrey Werro

Leichtathletik, 800 Meter
27. März 2004
Courtepin FR
Grösste Erfolge: U20-Europameisterin 2021, U20-Vizeweltmeisterin 2022

Die Fribourgerin ist ein ganz, ganz grosses Zukunftsversprechen in der Leichtathletik, Werro gilt als Naturtalent. Und das nicht nur innerhalb der Schweiz. Dass sie als 17-Jährige schon souverän U20-Europameisterin wird, verblüfft die Szene weltweit. Werro ist eigentlich zu jung fürs U20-Rennen und dennoch die Schnellste. Dabei trainiert sie bis heute im kleinen Klub von Belfaux FR, der bisher nicht gerade Topathletinnen en masse hervorbrachte. Doch Trainerin Christiane Berset-Nuoffer führt Werro behutsam in Richtung Weltspitze. Nun gipfelt die Zusammenarbeit in der ersten Olympia-Teilnahme. Kaum jemand zweifelt, dass Paris für die 20-Jährige mit mütterlichen Wurzeln an der Elfenbeinküste noch alles andere als das Ende der Fahnenstange ist.

Luca Giubellini / Matteo Giubellini / Florian Langenegger / Noe Seifert / Taha Serhani

Kunstturnen, Herren Team
01. April 2003 / 07. November 2004 / 26. März 2003 / 29. Oktober 1998 / 27. Mai 1995Kirchdorf AG / Kirchdorf AG / Uerkheim AG / Oftringen AG / Winterthur ZH
Grösster Erfolg: WM-Fünfte 2023

Jugend forscht bei den Schweizer Kunstturnern. Das Durchschnittsalter beträgt 22,33 Jahre. Und liegt damit vier Jahre unter dem Durchschnitt der letzten Olympischen Spiele in Tokio. Für alle Athleten wird es die erste Teilnahme an Olympischen Spielen sein. Eine besondere Geschichte schreiben die Brüder Luca und Matteo Giubellini. Sie wurden von ihren Eltern mit dem Turnvirus infiziert. Vater Daniel machte sich vor allem durch seinen Europameistertitel am Barren 1990 in Lausanne einen Namen. Inzwischen ist er als Ressortleiter Kunstturnen im Schweizer Verband tätig. Tochter Chiara Giubellini gilt als Versprechen für die Zukunft.

Alexis Bayard

Fechten, Degen
11. Juni 1996
Champlan (Grimisuat) VS
Grösster Erfolg: EM-Bronze 2022

Alexis Bayard durfte Ende Mai jubeln – und das, ohne gerade im Einsatz zu stehen. Es ereilte ihn eine frohe Botschaft aus Paris: Ja, mit den Olympischen Spielen würde es nun doch noch klappen! Der Weltverband FIE sprach ihm nachträglich einen direkten Quotenplatz zu, weil Gastgeber-Nation Frankreich nicht alle Wildcards ausschöpfte und der 28-jährige Walliser im entsprechenden Ranking in der Pole-Position war. Der Linkshänder hat in seiner Karriere zwei Bronzemedaillen auf europäischer Ebene gewonnen – 2022 im Einzel an der EM und im Vorjahr mit dem Team an den European Games. Bayard ist auch abseits des Fechtens ein Sportverrückter. Er liebt die Berge und das Klettern, ist aber auch gut mal auf dem Golfplatz, beim Beachvolleyballspielen oder in der Langlaufloipe zu finden.

Chiara Leone

Schiessen, Gewehr 50 m, Mixed
15. Juni 1998
Frick AG
Grösster Erfolg: EM-Gold 2024

An der EM in Kroatien wurde Chiara Leone dieses Jahr ihrem Namen gerecht: Sie kämpfte wie eine Löwin – und belohnte sich im Dreistellungsmatch mit dem Gewehr über 50 m tatsächlich mit Gold. Dabei standen die Vorzeichen gar nicht gut: Nach einem Missverständnis beim Einladen des Materials vor der Abreise nach Osijek ging ihre Schiesstasche in Biel vergessen. Nur dank eines Sonderefforts von Mama und Papa Leone traf sie noch rechtzeitig bei der EM ein. Dafür hat sich der Aufwand dann so richtig gelohnt. Die 26-jährige Aargauerin gewann auch schon zweimal Team-Gold (50 m liegend) an der WM.

Maja Siegenthaler / Yves Mermod

Segeln, 470 Mixed
11. November 1992 / 17. Dezember 1996
Bern / Bern
Grösster Erfolg (als Duo): Weltcupsieg Almere 2022

Dieses Berner Duo ist trotz ihrer beruflichen Herkunft alles andere als auf dem Holzweg. Siegenthaler, gelernte Schreinerin, und Mermod, gelernter Zimmermann, taten sich im Hinblick auf Paris als Mixed-Team zusammen. Mit Erfolg. Das Schweizer Team gehört in seiner Klasse zur breiten Spitze. Für Siegenthaler sind es bereits die dritten Spiele. In Rio 2016 gabs im Team mit Linda Fahrni Rang 19, in Tokio 2021 schrammte das Frauen-Duo auf Platz 4 an den Medaillen vorbei. Dass Siegenthaler seit Jahren eine der besten Schweizer Seglerinnen ist, zeigt auch ihre Nomination für das Frauen-Team von Alinghi Red Bull Racing, das im Herbst im Rahmen des America’s Cups vor Barcelona antreten wird.

Binta Ndiaye

Judo, -52 Kg
04.10.2004
Le Mont-sur-Lausanne VD
Grösste Erfolge: 2. Rang Grand Prix Linz, 2. Rang Grand Slam Dushanbe

Wenn man Binta Ndiaye fragt, was aus ihr geworden wäre, hätte sie den Judo-Sport nicht für sich entdeckt, antwortet sie, dass sie höchstwahrscheinlich dennoch Sport machen würde. Nur welchen weiss sie nicht. Vielleicht Hip-Hop oder Leichtathletik, wie ihre Drillingsschwestern? Doch mit sieben Jahren entschied die Waadtländerin sich für den Kampfsport und das ist gut so. Für die 19-Jährige Judoka entwickelte sich das Wort Olympia von einem Traum zu einem Ziel, das jetzt Realität wird. Als ihre Stärken beschreibt sie selbst ihre hohe Konzentrationsfähigkeit und ihren Ehrgeiz. Eben diesem hat sie wahrscheinlich mit noch nicht einmal zwanzig Jahren die unzähligen Medaillen zu verdanken. Nun wartet Olympia auf Ndiaye.

Daniel Eich

Judo, -100 Kg
2. April 2000
Brugg AG
Grösste Erfolge: 1. Rang European Cup U21 in Prag 2018, 1. Rang European Open in Oberwart 2022, 2. Rang Grand Slam in Antalya 2023

In seinen Instagram-Stories dokumentiert Daniel Eich sein Leben. Oder immerhin grosse Teile davon. Trainingslager in Japan mit Nils Stump, frische Ramen-Nudeln in schönen Restaurants, Schlangen-Videos in der Natur und Spass in der Freizeit. Doch in diesem Mann steckt weit mehr als der gewöhnliche Influencer. Eich gewann im Judo unter anderem den U21 European Cup 2018 und sicherte sich den zweiten Platz am Grand Slam 2023. In der Gewichtsklasse unter 100 Kilogramm gehört Eich zu den Besten.

Tiago Behar / Nils Liess

Schwimmen, Staffeln
05.03.2002 / 24.08.1996
Lutry VD / Grand Lancy GE

Die beiden Romands sind in Paris für die Staffeln selektioniert worden, aber nicht für einen Einzelstart. Mit zwei Jahren fand Tiago Behar zum Schwimmen. Seine Eltern übten den Sport bereits aus. Die Olympischen Spiele sind sein grösster Traum. Neben dem Sport schloss er ein Bachelorstudium in Computerwissenschaften ab. Niels Liess stammt ebenfalls aus einer Schwimmfamilie. 2017 zog nach Stockholm, um noch mehr Fortschritte machen zu können. Anfang 2020 kehrte er in die Schweiz zurück.

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