«Das ist eine gute Frage. Ich weiss es selbst nicht.» Am Samstag, kurz nach Mittag, fällt es der Lausannerin Marina Viotti schwer, das, was sie erlebt hat, in Worte zu fassen. Am Freitagabend rückte die Mezzosopranistin bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris in den Fokus: Auftritt mit der französischen Heavy-Metal-Band Gojira.
Es war eine Vereinigung zweier Welten in der ersten Stunde dieser spektakulären Zeremonie. Viotti glänzte und geriet in einen Strudel von Emotionen. «Um ehrlich zu sein, bin ich noch nicht von meiner Wolke heruntergekommen», sagt die 38-Jährige, die am Sonntag mit Roberto Alagna auf der Bühne beim Paléo Festival stehen wird und die Fans mit in die Oper nimmt.
Am Freitag sang sie vor Millionen (ja, Milliarden!) von Fernsehzuschauern, und am Samstagmorgen um 7 Uhr sprang sie in den ersten TGV nach Lausanne. Ein übliches Programm für Künstler, die sich das wegen der Tourneen gewöhnt sind. Aber das Ausmass der Veranstaltung kann einen schon mal schwindelig machen. «In wenigen Minuten habe ich eine Probe», lacht sie, als sie mit Blick spricht. «Ich habe mich auf diese zwei nacheinander folgenden Auftritte vorbereitet. Auch wenn ich noch auf Wolke sieben schwebe, bin ich doch ein Mensch, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht, das hilft.»
«In die Realität zurückkehren»
Nun folgt «eine weitere verrückte Veranstaltung», schwärmt Viotti. «Es ist eine wunderbare Möglichkeit, in die Realität zurückzukehren.» Was am Freitag passiert ist, war selbst für eine renommierte Künstlerin, die sich die grossen Bühnen gewöhnt ist, unwirklich. «Da waren so viele Leute, es war verrückt. Ich hatte das Gefühl, dass alles in zehn Sekunden vorbei war.»
Während der Eröffnungsfeier regnete es durchgehend. Einen Schirm lehnte sie dennoch ab. «Nie im Leben. So war das Rock pur», erklärt die Lausannerin und scherzt: «Zwei, drei Blitze während meiner Gesangseinlage wären passend gewesen.» Sie trat schon bei schlimmeren Bedingungen auf. «Aber klar: Für die anderen Künstler war es wegen des Regens bestimmt nicht einfach.»
Eine kurze Probe
Einige Teile der Zeremonie wurden kurzfristig geändert oder sogar ganz gestrichen. Sehr zum Bedauern von Viotti, die nur eine kurze Probe hatte: «Leider gehört das zu einer Live- und Outdoor-Show dazu.»
Auf dem Weg nach Lausanne konnte sie ihren Auftritt noch nicht anschauen, wie sie verrät. «Im Zug fehlte das Netz. Das werde ich sicher noch nachholen, bevor ich am Samstagabend einschlafe.» Danach gilt der Fokus dem nächsten Höhepunkt ihres aussergewöhnlichen Sommers.