Die einen sind happy, andere zornig und enttäuscht. Jelena Isinbajewa (34), die in ihrer Karriere den Stabhochsprung-Weltrekord in der Halle und im Freien 30 Mal verbessert hat, kündigt den Gang vors Gericht an.
Sie lässt sich den am Freitag verhängten Ausschluss der russischen Athleten von den Olympischen Spielen in Rio nicht gefallen. Empfindet ihn als Kollektiv-Strafe. «Von mir gab es nie einen positiven Dopingtest, mich von Olympia auszuschliessen ist ungerecht. Ich werde dagegen kämpfen.»
Auf der anderen Seite Julja Stepanowa (30), die Hallen-EM-Dritte über 800 m von 2011, die wegen Unregelmässigkeiten im biologischen Pass 2013 im Doping-Netz zappelte und gesperrt wurde.
Zusammen mit ihrem Ehemann Witali erzählte sie im Herbst 2014 dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt, wie sie in Russland von Trainern zum Dopen gezwungen worden war. Das Ehepaar Stepanow löste damit den ganzen Skandal überhaupt aus.
Julja wurde in ihrer Heimat als Verräterin bedroht, musste mit Witali zum Schutz ihres Lebens vor eineinhalb Jahren an einen unbekannten Ort in die USA flüchten.
Ausnahmegesuche für Ausland-Russen
Jetzt wird Julja Stepanowa für ihren Mut und ihre Ehrlichkeit wohl belohnt. Die IAAF hat ihr am Freitag die Türe zu Olympia in Rio geöffnet.
«Russische Leichtathleten, die in einem anderen Land mit einem funktionierenden Dopingkontroll-System trainieren und leben, können ein Ausnahme-Gesuch stellen. Wenn wir das gutheissen, dürfen sie international starten. Nicht unter russischer Flagge, sondern in einem neutralen Team», erklärt IAAF-Boss Sebastian Coe.
Und Isinbajewa? Sie, die in Russland Helden-Status hat. An deren Seite sich Staatschef Wladimir Putin so gerne in der Öffentlichkeit zeigt. Die 2014 bei den Winterspielen in Sotschi sogar als Bürgermeisterin des olympischen Athleten-Dorfs amtete. Ausgerechnet für Jelena bleibt die Türe zu Olympia geschlossen.
Dabei hat gerade sie während ihrer sportlichen Blütezeit dem harten Leben in Russland den Rücken gekehrt und jahrelang in Formia (It) und Monte Carlo trainiert und feudal gelebt. Ausserhalb des staatlichen russischen Doping-Systems.
Doch als es vor ein paar Jahren bei Isinbajewa sportlich harzig wurde, Weltrekorde und Meisterschafts-Medaillen nicht mehr an der Tagesordnung waren, zog sie 2011 zurück nach Wolgograd. Weit weg von den Doping-Jägern trainiert sie dort mit Jewgeni Trofimow für ihren – wohl geplatzten – letzten Olympia-Auftritt.
Sie selbst hat die Chance für Rio vergeben, indem sie in den letzten Monaten zur Dopingproblematik stets geschwiegen hat. Dabei wüsste doch gerade sie ganz genau, was in ihrem Umfeld passiert. Gerade Jelena hätte viel zur Klärung der Situation beitragen können.
Sie tat es nicht, hat immer geschwiegen. Bloss gesagt: «Es ist richtig, wenn diejenigen gesperrt werden, die bei Kontrollen erwischt wurden.» Für eine Ausnahme-Bewilligung und ihren Rio-Traum ist das viel zu wenig.