Russen-Nati unter neutraler Flagge
Schluckt Putin den Olympia-Ausschluss?

Die «Sbornaja», der Stolz Russlands, unter neutraler Flagge in Pyeongchang? Nur schon der Gedanke dürfte Präsident Wladimir Putin die Nackenhaare aufstellen.
Publiziert: 06.12.2017 um 09:54 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:55 Uhr
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Gala auf dem Eis: Der russische Präsident Wladimir Putin gibt den Hockey-Helden.
Foto: SPUTNIK
Stephan Roth

Das IOC gab gestern die mit Spannung erwartete Entscheidung bekannt: Russland wird fürs Staatsdoping bestraft und von Olympia ausgeschlossen. Die russischen Athleten dürfen nur unter olympischer Flagge antreten.

Was heisst das für die «Sbornaja», die Eishockey-Nationalmannschaft, das Aushängeschild des russischen Wintersports? Noch ist unklar, wie die Russen auf die Sanktion reagieren werden. Noch hält sich auch der internationale Hockey-Verband mit dem Schweizer Präsidenten René Fasel bedeckt. Erst will man prüfen, was der Ausschluss genau bedeutet und wie die in der Hockey-Politik so einflussreichen Russen damit umgehen.

Doch eigentlich ist es ohnehin fast unvorstellbar, dass Präsident Wladimir Putin ein Eishockey-Team bei Olympia antreten lässt, das zwar aus russischen Spielern besteht, aber nicht die Farben der stolzen Nation repräsentieren darf. Es käme – aus russischer Sicht – der totalen Demütigung gleich. Putin würde das Gesicht verlieren.

Eishockey als Propaganda-Mittel

Das Hockey-Nationalteam war schon in den Jahren des Kalten Krieges das Symbol der Sowjetunion. Die Staatsamateure, die in der Armee dienten, zeigten den Gegnern aus dem dekadenten Westen die Überlegenheit des Kommunismus, so die Propaganda damals. Die «Sbornaja» sammelte Goldmedaillen en masse – wenn man vom Olympia-Debakel gegen die US-Studenten 1980 in Lake Placid einmal absieht.

Auch Putin entdeckte in den letzten Jahren die «Sbornaja» als Propaganda-Mittel. Plötzlich spielte auch er Eishockey, gab den harten Helden und schoss unter dem Applaus der Claqueure in Show-Spielen Tore am laufenden Band. Wer will schon dem mächtigen Politiker im Weg stehen.

Putin schmückt sich mit Eishockey-Stars. Und auch diese sonnen sich neben Putin. So gründete die NHL-Grösse Alexander Owetschkin von den Washington Capitals im Hinblick auf die Wahlen die Bewegung «Team Putin», um den Kremlchef zu unterstützen. Der schloss sich auch Jewgeni Malkin von Champion Pittsburgh Penguins an. «Ich bin überzeugt, dass wir Anhänger von Wladimir Putin viele sind. Wir wollen uns zusammentun und allen ein starkes und geeintes Russland zeigen», schrieb Owetschkin.

KHL-Boss war Organisator der Doping-Spiele

Weil die NHL ihre Stars nicht nach Pyeongchang gehen lässt, müssen Owetschkin und Malkin, wenn auch widerwillig, ohnehin auf Olympia verzichten.

Ob nun überhaupt russische Hockey-Stars die Schlittschuhe unter olympischer Flagge und ihre eigene Hymne schnüren, scheint höchst fraglich. Auch wenn die Russen dank der Abwesenheit der NHL-Giganten ein Gold-Favoriten wären.

Schon vor dem IOC-Entscheid gab es Drohungen und Druckversuche der KHL, keine Spieler für Olympia abzustellen, sollte Russland ausgeschlossen werden oder die Athleten nur unter neutraler Flagge starten dürfen. «Das IOC ruiniert die existierende Weltordnung im Sport», wetterte KHL-Boss Dmitri Tschernitschenko. Davor war er OK-Präsident der Doping-Spiele von Sotschi, an denen die «Sbornaja» kläglich scheiterte, gewesen. Und gestern wurde er im Rahmen der Bestrafung aus dem IOC geworfen.

Von einem KHL-Boykott könnten auch andere Länder betroffen sein. Schliesslich rennen auch gute Spieler aus Kanada, Schweden, Finnland, Tschechien oder den USA in Russland dem Rubel nach. Nur Schweizer sind keine in der KHL…

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