Das Podest
1. Sara Hector (Schweden) 1:55,69
2. Federica Brignone (Italien) +0,28
3. Lara Gut-Behrami (Schweiz) +0,72
Das Rennen
Die zweite Schweizer Medaille ist Tatsache! Lara Gut-Behrami fährt dank einer fulminanten Aufholjagd im zweiten Lauf aufs Podest und gewinnt Bronze.
Die Tessinerin – nach dem ersten Lauf auf dem achten Platz – ist im zweiten Durchgang die erste, die die Bestzeit von Thea Stjernesund unterbietet. Zuvor haben sich sowohl die Mitfavoritin Petra Vlhova, als auch die anderen drei Schweizerinnen Michelle Gisin, Wendy Holdener und Camille Rast die Zähne an der Norwegerin ausgebissen. Ein kleiner Wermutstropfen: Gut-Behrami muss bereits nach dem dritten Tor ihre Ski brutal querstellen. Wer weiss, welche Farbe die Medaille ohne diesen Bremser gehabt hätte.
Doch die amtierende Riesenslalom-Weltmeisterin rast an die Spitze und bleibt dort, bis sich die Italienerin Federica Brignone aufmacht, ihre Bestzeit zu attackieren. Über eine Sekunde Vorsprung nimmt sie in ihren zweiten Lauf mit, knapp die Hälfte verliert sie unterwegs.
Nachdem die Österreicherin Katharina Truppe auf Platz drei zurückfällt, ist klar: Lara Gut-Behrami holt definitiv eine Medaille, den Sieg machen Brignone und Sara Hector unter sich aus. Bei der letzten Zwischenzeit liegt die Schwedin noch zwei Zehntelsekunden vorne. Ein Krimi bahnt sich an – mit dem besseren Ende für Hector. Die 29-Jährige, die zuletzt zwei Weltcup-Riesenslaloms gewann, holt ihre erste Medaille an Olympischen Spielen, ihre Freude im Zielraum kennt keine Grenzen.
Die Schweizerinnen
9. Wendy Holdener +1,63
10. Michelle Gisin +1,86
16. Camille Rast +2,74
Die Stimmen
Lara Gut-Behrami: «Es war speziell. Im ersten Lauf hat das Timing nicht gepasst. Und im zweiten bin ich trotz dem Fehler wie auf Schienen gefahren. Ich wollte schon immer eine Medaille gewinnen im Riesen. Letztes Jahr habe ich Gold geholt an der WM in Cortina, jetzt Bronze hier an Olympia.» Sie wusste, dass sie im Riesenslalom immer für eine Medaille gut ist. «Mich hat es immer etwas gestört, wenn ich als Speed-Spezialistin bezeichnet werde. Denn wenn ich im Riesen stark bin, weiss ich, dass ich dann auch im Speed stark sein werde. Ich hätte nie geglaubt, dass es heute bis aufs Podest reicht. Ich wusste einfach, dass es eine gute Fahrt war.» Die Freude über ihre Medaille scheint nahezu so gross, wie jene über den Sieg von Sara Hector: «Sara hat es verdient, sie ist eine unglaubliche Kämpferin. Ich schätze sie sehr, sie ist ein cooler Mensch. Wie sie sich zurück gekämpft hat, ist gewaltig.» Nimmt die Medaille nun etwas Druck für die Speed-Rennen? «Es macht Lust auf mehr. Es ist genial, der Riesenslalom liegt mir sehr am Herzen. Ich freue mich auf die nächsten Rennen.»
Michelle Gisin: «Die Zeit zwischen den Läufen war für mich kein Nachteil. Es war cool, dass ich komplett herunterfahren konnte. Ich habe geschlafen wie ein Stein. Habe mich gut auf den zweiten Lauf vorbereiten können, war mental voll da. Ich bin froh, dass ich die Lockerheit wieder finden konnte. Ich fand es schade, dass wir im zweiten Lauf nochmals den genau gleichen Kurs fahren mussten. Aber ich verstehe es. Es war schon speziell, der Schnee war ziemlich aggressiv, aber doch schnell. Normalerweise bremst aggressiver Schnee.»
Camille Rast: «Im zweiten Lauf hatte ich ein bisschen ein besseres Gefühl. Aber ich kann nicht zufrieden sein, da muss ich daraus lernen. Es war eine gute Erfahrung und weiss nun, wie es an Olympia ist.»
Wendy Holdener: «Der Start war zweimal sehr gut. Doch im Mittelteil hätte ich noch mehr herausholen können. Im grossen und ganzen bin ich eigentlich zufrieden. Es war gut zu sehen, auf was man sich einstellen muss. Wir gingen zurück ins Zimmer, habe die Beine etwas regeneriert.» Gut fünf Stunden mussten die Athletinnen zwischen dem ersten und zweiten Lauf ausharren. Blieb für die Schwyzerin da Zeit, die Abfahrt der Männer zu schauen? «Die Männer habe ich nur in der Gondel verfolgt. Gerade als Feuz ins Ziel gefahren ist, hat das Internet versagt (lacht). Aber als ich dann das Resultat gesehen habe, habe ich mich riesig gefreut. Gratulation, Beat.»
Die Bedingungen
Keine wusste, was sie auf der Riesenslalom-Piste erwartet. Die Strecke ist gespickt mit steilen Abschnitten, flache Tore gibt es nur wenige. Und wie sieht es mit den Schneeverhältnissen aus? SRF-Expertin Tina Weirather: «Wir haben hier reinen Kunstschnee. Und der hat alle positiven Eigenschaften eines Kunstschnees. Er ist sehr kompakt und man hat guten Grip.»
Die Gefahren, die eine solche künstliche Unterlage normalerweise mit sich bringt, seien in Yanqing allerdings nicht gegeben. Der Schnee sei etwa nicht so aggressiv und «Verschneider» kommen dadurch viel weniger vor, wie die Liechtensteinerin erklärt. Bei Minus zehn Grad machen sich die gut eingepackten Athletinnen auf zu ihrem ersten Wettkampf in Peking.
Das gab zu reden
Schwarzer Tag für das US-Ski-Team: Mikaela Shiffrin, eine der grössten Favoritinnen auf die Goldmedaille, muss bereits nach elf Fahrsekunden im ersten Lauf ihre Ambitionen begraben. Die 26-Jährige rutscht beim siebten Tor mit dem Innenski weg und fliegt raus. «Ich könnte jetzt weinen», sagt sie nach ihrem Kurzeinsatz. «Ich bin brutal enttäuscht. Denn die Form ist gut, ich mag den Schnee, der Hang ist cool. Aber diese Verhältnisse verzeihen keine Fehler.»
Schlimmer erwischt es ihre Teamkollegin Nina O'Brien. Als Sechste nach dem ersten Lauf greift sie die Zeit von Lara Gut-Behrami an. Ihr Vorsprung schmilzt kontinuierlich, bei der letzten Zwischenzeit liegt sie erstmals zurück. Kurz vor dem Ziel kommt die 24-Jährige aus der Balance und kann dem letzten Tor nicht mehr ausweichen. Mit voller Wucht kracht sie in die Fahne, ihr rechtes Knie verdreht sich übel. O'Brien bleibt im Zielraum liegen, Betreuer und medizinisches Personal eilen ihr zu Hilfe. Die Führende Lara-Gut Behrami und die zweitplatzierte Thea Stjernesund sind sichtlich geschockt. Hoffentlich ist da nichts Schlimmeres passiert.
So geht es weiter
Am Mittwoch steht mit dem Slalom die zweite technische Disziplin auf dem Programm. Der erste Lauf wird um 3.15 Uhr Schweizer Zeit eröffnet, die Entscheidung ist auf 6.45 Uhr terminiert (jeweils live SRF Zwei). Ab Freitag greifen dann auch die Speed-Spezialistinnen ein. Am Freitag (4 Uhr) absolvieren sie den Super-G, die Abfahrt folgt dann am Dienstag 15. Februar (4 Uhr).
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Die 24. Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar 2022 in der chinesischen Hauptstadt Peking statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.
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