Vor knapp 20 Jahren tritt ein Mädchen namens Corinne Suter vor die Schulklasse. Sie hält einen Vortrag. Über Pferde? Die mag sie zwar auch, aber nein. Über ihre Heimat Schwyz? Auch hier: Nein, auch wenn die Primarschülerin für ihr Leben gerne in der Natur herumtobt.
Es ist ein anderes Thema, das sie fasziniert. Genauer, ein Sportler. Sein Name: Hermann Maier. «Ich habe alles, was er gemacht hat, aufgesaugt. Seine Rennen, seinen Lebensweg – schlicht alles», erinnert sich Suter.
Seit jenem Tag in der Schule ist viel passiert. Die Bewunderung für den Herminator, wie Maier aufgrund seines Kämpferherzes genannt wurde, ist aber auch zwei Jahrzehnte später ungebrochen. «Keiner glaubte zu Beginn seiner Karriere an ihn. Doch obwohl ihn niemand wollte, hat er immer weitergemacht, sein Ding durchgezogen und es bis an die Spitze geschafft. Hermann Maier ist mein grosses Idol», so Suter.
Horror-Sturz für die Geschichtsbücher
Einige Jahre nach Suters Vortrag passierte etwas, das den gelernten Maurer endgültig zur Ski-Legende machte.
Rückblick: Tatort Nagano, Olympische Spiele 1998. In der Abfahrt hebt Österreichs Überflieger im wahrsten Sinne des Wortes ab. Maier liegt mehrere Meter über dem Boden quer in der Luft, fliegt fast 40 Meter weit, knallt mit voller Wucht auf den Schnee, durchbricht die Fangnetze und bleibt im Tiefschnee stecken. Ein Albtraum. «Das wars mit Olympia», denken sich viele. Und einige: «Das wars mit seiner Karriere.» Doch Maier ist nur leicht verletzt, holt drei Tage später Gold im Super-G und kurz darauf auch Gold im Riesenslalom.
Suter: «Hermann Maier war ein Macher, der keine grossen Worte rausgelassen oder Ansagen gemacht hat. Sollte ich ihn treffen, würde ich ihn gerne fragen, welcher der schwierigste Moment seiner Karriere war.» Gesagt, geplant. Blick will die beiden zusammenbringen, Maier sagt zu, doch Corona verhindert es. Der 49-Jährige antwortet dennoch auf Suters Frage: «Der Unfall in Nagano war sicherlich brutal. Dazu kam jener von 2001, der mein Leben geprägt hat.»
Was er meint, ist klar: sein Crash mit dem Motorrad. Damals wurde Maier von einem falsch abbiegenden Wagen erfasst, er erlitt einen offenen Bruch des rechten Unterschenkels – weitere schlimme Verletzungen kamen dazu. Während der siebenstündigen Operation diskutierten die Ärzte darüber, ob das Bein überhaupt noch zu retten sei. Sie schafften es, Maier kämpfte sich zurück und wurde 2005 in Bormio zum dritten Mal Weltmeister. 2009 trat er zurück.
Maier traut Suter alles zu
Weltmeisterin ist Suter seit letztem Februar auch, in Cortina gewann sie die Abfahrt. Holt sie nun auf den Pisten Yanqings Olympiagold? Maier meint: «Corinne zählt zu den Favoritinnen. Und auch ich bin beeindruckt von ihrer Hartnäckigkeit und Konsequenz. Corinne ist ja schon relativ lange im Weltcup. Dass sie bei der WM in Are 2019, dann mit den zwei Kristallkugeln und mit dem Abfahrtstitel endlich den Lohn für die harte Arbeit ernten konnte, zeigt ihre grosse Entschlossenheit.»
Die 24. Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar 2022 in der chinesischen Hauptstadt Peking statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.
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