«Ich habe keine Tränen mehr»
Athleten kritisieren Kälte, Essen und harte Isolation

Für Athleten bedeutet Olympia einen Höhepunkt in ihrer Karriere. Die Winterspiele haben eben begonnen, schon häufen sich Beschwerden über die chinesischen Veranstalter. Das Essen sei mies, das Wetter zu kalt. Für einige Athleten enden Olympia-Träume in Schauerisolation.
Publiziert: 07.02.2022 um 02:59 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2022 um 13:12 Uhr
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Olympia-Essen in Covid-Isolation: Die russische Biathlon-Athletin hält die Bedingungen kaum aus.
Foto: Instagram

China hat die Winterspiele aller Winterspiele versprochen. Zwei Tage nach Beginn dieser Spiele beschweren sich Athleten und Trainer über das Essen, bitterkaltes Wetter und unmenschliche Isolationsräume, wo sich hinter verschlossenen Türen offenbar menschliche Dramen abspielen.

Die Schweden haben darauf hingewiesen, dass die Bedingungen in den Bergen lebensgefährlich kalt sind. Eine polnische Eiskunstläuferin gibt an, sie habe in einer Isolierstation in Peking in Angst gelebt und «geweint, bis ich keine Tränen mehr hatte».

Die Finnen behaupten, dass ein Eishockeyspieler ohne Grund in einer Covid-Quarantänestation festgehalten wird. Und die Deutschen sind frustriert, dass es bei den Skiwettkämpfen kein warmes Essen gibt.

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Kalte Snacks statt richtiges Essen

Christian Schwaiger (51), Herren-Bundestrainer der Deutschen, ärgert sich: «Die Verpflegung ist äusserst fragwürdig, denn eigentlich ist es gar keine Verpflegung», so Schwaiger zu Reportern. «Ich hätte erwartet, dass das Olympische Komitee in der Lage ist, warme Mahlzeiten anzubieten. Es gibt keine warmen Mahlzeiten. Es gibt Chips, ein paar Nüsse und Schokolade und sonst nichts. Das zeigt, dass man sich nicht auf den Hochleistungssport konzentriert.»

Schwaiger habe schon vor Tagen um eine Verbesserung der Verpflegung gebeten. Geändert habe sich noch nichts. Dagegen sei das Essen im nahen Athletendorf vorzüglich, so Schwaiger.

Andere Länder waren bezüglich Verpflegung etwas weitsichtiger als die Deutschen. Die Amerikaner brachten abgepackte Campingnahrung an die Rennstrecke mit, zum Beispiel Teigwaren, die nur noch mit heissem Wasser zubereitet gehören.

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Horrende Kälte

Dann die Eiseskälte, die selbst Skandinaviern zusetzt. Der schwedische Langlauf-Boss Anders Bystroem (59) traut den offiziellen Temperaturmessungen nicht. Die Kältegrenze, einen Wettkampf nicht durchzuführen, liegt bei -20 Grad. Wurde auch, fragt Bystroem, die Windkälte gemessen? «Wenn die Rennleitung sagt, es ist -17 Grad und es ist windig, und es ist -35 Grad mit dem Windchill, was macht man dann?»

Der Skiathlon der Frauen habe um 16 Uhr bei beissender Kälte begonnen. Die Schweden wollen, dass Wettkämpfe früher starten. Die Langläuferin Frida Karlsson (22) sei «durch die Kälte völlig zerstört» worden, so Bystroem. Karlsson zitterte nach dem Rennen heftig und schien nahe an einem Zusammenbruch.

Harsche Covid-Isolation

Dann die Russen und Finnen. Sie klagen über die Quarantänebedingungen für Athleten, die positiv auf Covid getestet und sofort isoliert werden. Zahlen kursieren, wonach mehr als 360 Teilnehmer der Spiele, darunter Athleten, Trainer und Betreuer, bei ihrer Ankunft in Peking in Isolation hängen blieben.

Athleten, die positiv getestet werden, doch keine Symptome aufweisen, werden in einem speziellen Hotel untergebracht. Wer Covid-19-Symptome aufweist, wird sofort ins Spital eingeliefert. An Wettkämpfen können sie teilnehmen, wenn sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen negativ testen.

«Weine, bis ich keine Tränen mehr habe»

Die russische Biathlon-Teilnehmerin Valeria Vasnetsova (24) klagt in Quarantäne auf Instagram: «Mein Magen schmerzt, ich bin sehr blass und habe grosse schwarze Ringe um meine Augen. Ich will, dass das alles aufhört. Ich weine jeden Tag.» Sie sei «völlig erschöpft», weil es auch keine qualitativ hochwertigen Lebensmittel gebe.

Mit ihren Worten sorgt Vasnetsova im eigenen russischen Team für Aufregung. Vierfach-Olympiasieger Alexander Tichonow (75) zog einen harten Vergleich. «Für solche Beschwerden würde ich Vasnetsova die Zunge abschneiden. Bei Olympia 1980 lebten wir in Amerika wie in einem Gefängnis, und niemand hat sich beschwert!»

Die polnische Eisschnellläuferin Natalia Maliszewska (26) verpasste am Samstag den 500-Meter-Lauf auf der Kurzbahn. Sie hatte positiv getestet und litt in einer Isolierstation in Peking. «Seit einer Woche lebe ich in Angst und diesen Stimmungsschwankungen», klagt sie. «Ich weine, bis ich keine Tränen mehr habe und mache nicht nur den Menschen um mich herum Sorgen, sondern auch mir selbst.»

IOC weiss von Missständen

Und Jukka Jalonen (59), Coach der finnischen Eishockeyaner, beschuldigt China, die Menschenrechte eines Spielers nicht zu respektieren. Marko Anttila (36), ehemaliger Kapitän der Finnen, habe vor seiner Abreise mehrmals negativ getestet. Jetzt isolieren ihn die Chinesen. Jalonen: «Wir wissen, dass er völlig gesund und einsatzbereit ist, und deshalb glauben wir, dass China aus irgendeinem Grund seine Menschenrechte nicht respektiert, und das ist keine gute Sache.»

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) gelobt Besserung: «Wir sind uns der Beschwerden einiger Athleten bewusst», so eine IOC-Erklärung. «Insbesondere in Bezug auf die Temperatur, die Vielfalt und die Portionsgrösse der Mahlzeiten.»

Man fühle auch mit allen Athleten, die wegen einer Covid-19-Infektion nicht antreten können: «Die Protokolle sollen sichere Olympische Spiele für alle gewährleisten.» Alle Fälle würden strikte nach geltenden Regeln und Protokollen behandelt. (kes)

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