Zuerst waren es die Mittelstrecklerin Julja Stepanowa und ihr Mann Witali, früher in Russland einst selbst Dopingkontrolleur, die mit ihren Aussagen den Skandal um flächendeckendes Staats-Doping ins Rollen gebracht hatten.
Dann folgte Grigori Rodschenkow, der als früherer Laborleiter über fast schon kriminelle Vertuschungen in den Labors von Moskau und während Olympia in Sotschi auspackte. Die Sportwelt reagierte erschüttert.
Bloss das Internationale Olympische Komitee reagierte nicht und schob vor den Spielen 2016 in Rio das Ergreifen möglicher Sanktionen an die internationalen Sportverbände ab. Dies, obwohl der unabhängige kanadische Ermittler Richard McLaren vor Ort unzählige Beweise fand.
Jetzt ist es laut der «New York Times» erneut ein Whistleblower, welcher der Wada die komplette Datenbank des Moskauer Doping-Labors mit allen Testdaten zugespielt hat. Was Rechtsprofessor McLaren nach seinen Untersuchungen aufzeigen konnte, wird mit diesen neu aufgetauchten Fakten mehr als erhärtet. Schon der Kanadier hat ja gesagt, dass über 1000 russische Sportler in den Doping-Skandal involviert seien.
Wenn das IOC in den letzten zehn Tagen also sechs Skilangläufer auf Lebzeiten von Olympischen Spielen ausgeschlossen hat – über 26 weitere Fälle wird in den nächsten Tagen entschieden –, dann sind das nichts als Bauernopfer, um davon abzulenken, dass man eigentlich längst den gesamten russischen Sport von der internationalen Bühne verbannen müsste. Denn offensichtlich fehlt den höchsten Sportfunktionären in Putins Reich nach wie vor die Einsicht, Fehler gemacht zu haben und den Sport grundlegend zu ändern.
Insider munkeln, das Ganze sei auch ein Machtkampf zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee, das Staatspräsident Wladimir Putin nicht vergraulen will, und der Welt-Anti-Doping-Agentur, die um die Glaubwürdigkeit des Sports kämpft.