Das Treffen findet im «Baracca Zermatt Zürich» statt. Ein bisschen Oberwallis im expatriierten Übergangs-Posthaus. Keine zwei Kilometer weg vom Privatjet-Flughafen in Kloten ZH. Dort, wo die Mächtigen der Welt Zürich anpeilen.
Aber auch die Mächtigen des Wallis. Wie Constantin für sein Versöhnungstreffen mit Rolf Fringer. Zwei 60-jährige Männer, die das nach der harschen verbalen Kritik des Ex-Nati-Coaches an CC und der tätlichen Reaktion des Walliser Hitzkopfs am Österreicher ausgegrabene Kriegsbeil wieder vergraben haben. Eigentlich nichts Spezielles. Und doch könnte dieses Gespräch schlicht die Rettung von Sion 2026 bedeuten, der ins Schlingern geratenen Olympiakandidatur.
Nach dem erzwungenen Abgang von Kandidaturpräsident Jean-Philippe Rochat wegen dessen Verwicklung in die Panama-Papers-Affäre und Fragen um die Salarierung seiner Olympia-Leistungen, ist der Zürcher SVP-Nationalrat und Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl der neue Boss.
Ein Biedermann ohne St(r)ahlkraft, dem kaum zugetraut wird, im wilden Wallis die nötigen Stimmen zu organisieren, um die Abstimmung im Juni 2018 zu gewinnen. Geht diese bachab, ist das Schicksal der Kandidatur ebenso besiegelt wie jenes der drei letzten Bündner Anläufe, denen auch bereits vor der eigenen Haustüre ebendiese vor der Nase zugeschlagen wurde.
Initiant von Sion 2026 ist CC. Doch Rochat zwang ihn nach den Ohrfeigen gegen Fringer zum Abgang. Und deshalb steht der weiterhin im Off-side. Er darf in kein Stadion, in welchem Profi-Fussball gespielt wird. Und sein Fünfringe-Spielzeug ist ihm entrissen worden. Doch nach der Versöhnung mit Fringer will CC zurück ins Olympia-Rampenlicht.
«Ich kann Jürg Stahl unter die Arme greifen», sagt er ungefragt. Um die Kandidatur zu retten. Was übersetzt bedeutet: Ohne ihn ist Sion 2026 verloren. So zumindest seine Sicht. «Wenn die Stimmung gegenüber dem Sport gerade schlecht ist, hat eine Abstimmung über ein Olympiaprojekt nullkommanull Chancen. Wenn der FC Sion absteigt, wäre das der Fall.»
Ogis Erbe
Und just jetzt trägt sich CC mit dem Gedanken, den Bettel hinzuschmeissen und seinen Klub zu verkaufen. «Wenn nicht jetzt, wann dann ...», sagt er. Genau wissend, dass die Frage rhetorisch ist, und er das niemals tun wird. «Wenn ich als Präsident des FC Sion nicht weitermache, ist das Olympiaprojekt im Augenblick meiner Abgangsentscheidung Geschichte.
Also, was muss ich tun, um es zu retten? Zuerst den FC Sion verstärken, um ihn in der Super League zu halten. Dazu muss ich allerdings wieder in die Stadien gehen können. Ich werde meine neunmonatige Sperre beim Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne und danach beim Bundesgericht anfechten. Da die Beschwerden nun wieder aufschiebende Wirkung haben, kann ich ab sofort wieder an die Spiele.»
Nur: Eine Abstimmung ist damit noch längst nicht gewonnen. «Nein, ist sie nicht. Aber sie ist nicht zum vornherein verloren. Danach muss man den Wallisern aufzeigen, dass Ängste wegen Budgetüberschreitung völlig unbegründet sind. Warum? Erstens ist das Projekt derart gut und basiert auf zumeist bestehender Infrastruktur, dass gar keine massive Budgetüberschreitung möglich ist. Diese gibt es immer nur wegen der Infrastruktur. Nicht wegen des Betriebs. Ein allfälliges geringes Defizit will ich dennoch gedeckt sehen. Indem ich einen Pool von Topleuten aus der Wirtschaft zusammenstelle, der eine Defizitgarantie übernimmt.» Dass dies im Wallis ausser ihm niemand kann, versteht sich für CC von selbst.
«Wir müssen den Wallisern aufzeigen, welch eine Chance die Spiele für sie bedeuten. Das sind wir unseren Ahnen und auch Leuten wie Adolf Ogi schuldig. Seit achtzig Jahren versuchen sie, diese Spiele hierherzuholen. Dieses Erbe gilt es zu einem glücklichen Ende zu bringen.»
Lobbying. Das war das emotionale Zauberwort für Bauchmenschen, an dem Sion 2006 unter dem charismatischen Ex-Bundesrat Ogi gescheitert war. Ein Pool für die Defizitgarantie soll nun die Kopfmenschen überzeugen. CC könnte beides hinkriegen. Und nur er. Denkt er. Wahrscheinlich hat er sogar recht.