Ist es eine Schweizer Sprinter-Krankheit? Wie Mujinga Kambundji in den beiden Flachsprints, kann sich auch die Hürdensprinterin im Olympia-Halbfinal nicht steigern. Dabei müsste doch auch für Rard-Reuse der Druck weg sein. Mit der Halbfinal-Quali hat sie wie Kambundji ihr Soll erfüllt. Für beide war bei der Dichte der Weltspitze ein Platz im Final unmöglich. Aber beide haben es nicht ganz geschafft, völlig vom Druck befreit eine entfesselte Kür zu zeigen.
Clélia verpennt den Start etwas. Und ist dann nicht mehr so gut wie am Vortag ins Rennen gekommen. Dennoch bleibt dieser Erfolg auf der Olympia-Bühne ihr grösster der Karriere.
«Traum auf dem Höhepunkt der Karriere aufzuhören»
Schade, dass die 28-jährige Unterwalliserin plant, ihre Karriere nach dieser Saison zu beenden. Ausgerechnet jetzt, da die Gold-Medaillengewinnerin des Europäischen Olympischen Sommer-Jugend-Festivals von 2005 über 100 Meter Hürden endlich auch bei den Grossen richtig auf Touren kommt. Lange war Clélia zwischenzeitlich verletzt gewesen, konnte ihr Potenzial bis zu diesem Jahr deshalb nie richtig ausschöpfen. Aber es bräuchte ein Wunder, sie von ihren Plänen abzubringen. Bei den Schweizermeisterschaften vor einem Monat in Genf sagt sie zu BLICK sehr bestimmt: «Es ist doch der Traum jedes Sportlers, auf dem Höhepunkt seiner Karriere aufzuhören. Wer weiss, ob es bei mir im nächsten Jahr noch einmal gleich gut laufen würde.» Auch bei der EM in Amsterdam hat sie gesagt, ihr Rücktritt sei fix. Dabei hätte es in Zukunft gegen Noemi Zbären doch schöne Duelle gegeben.
Zika-Mücken praktisch inexistent
«Clé» hat wohl andere Träume, vielleicht will sie mit ihrem Mann ja bald ein Baby. Und das hätte dann eben den Vortritt. Dafür hat bestimmt auch ihr halbes Dutzend Tanten und Onkel, die zur Unterstützung aus dem Wallis nach Rio gereist sind, Verständnis. Und etwas , das in diesem Kontext auch noch sehr wichtig ist: Die im Vorfeld der Rio-Spiele angekündigte Gefahr der Tigermücken, die bei einer Infizierung mit dem Zika-Virus bei Babys im Mutterleib zu Fehlbildungen im Kopf des Ungeborenen führen würden, erweist sich während der Rio-Spiele als Mär. Die Mücken sind im brasilianischen Winter praktisch inexistent.
Kinder sind aber sicher Clélias Zukunft. «Ich werde mit Jugendlichen im Wallis als Trainerin arbeiten.»