Frühes Aufstehen unbelohnt
Bei den Cologna-Fans bleiben die Treicheln stumm

In einem idyllischen Tal im Engadin fiebern Frühaufsteher mit Dario Cologna mit. Doch ihr Held belohnt sie dafür kein zweites Mal.
Publiziert: 24.02.2018 um 21:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:45 Uhr
Nicole Vandenbrouck (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Das Val Müstair liegt noch in der Dunkelheit. Auf der Strasse sind mehr Rehe unterwegs als Autos. Man schlängelt sich den Ofenpass hinab und wird von ersten Lichtern des Dörfchens Tschierv GR begrüsst. Der Heimat von Dario Cologna, wo Darios Eltern Christine (56) und Remo (68) auch heute noch wohnen.

Die Rennen ihres Sohnes, des erfolgreichsten Schweizer Langläufers auf einer Grossleinwand verfolgen zu können, das war mal die Idee von Vater Remo an einem Stammtisch. Im Hotel «Al Rom» hat man die Idee in die Tat umgesetzt.

Schon zur frühen Morgenstunde ist es beleuchtet. Um 5.30 Uhr öffnen sich die Türen. Das Frühstücksbüffet wird hergerichtet, über dem Käse hängen vier gerahmte Bilder des Heimathelden an der Wand. Wie in den meisten Häusern der Gegend, sagt man. Nur fünf Minuten später steht der erste Gast im Raum. Fanclub-Mitglied Mario Danz hat seine Treichle mitgebracht. Hans Conradin, Präsident der «Gruppa da Zampuogns», der Treichlergruppe, hat zwei weitere dabei.

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Hier treffen sich die Cologna-Fans: Das Hotel «Al Rom» in Tschierv.
Foto: BENJAMIN SOLAND

Noch vor dem ersten Kaffee erzählt Conradin mit leuchtenden Augen, wie man nach dem ersten «Public Viewing» und Darios gewonnener Goldmedaille über 15 km Freistil mit den Treichlen durch die Dörfer gezogen sei und so den Verkehr etwas aufgehalten habe, «aber das hat niemanden gestört». Natürlich nicht, im Tal der Cologna-Familie.

Es ist 6.03 Uhr. Da bemerkt einer der mittlerweile neun Bewunderern, dass man den Start des 50-km-Rennens verpasst hat. Im für die Münstertaler gewohnt unaufgeregten Stile wird der richtige Sender gesucht. Und gefunden. Aufatmen. Zunächst, doch schnell wird klar, dass es Cologna mit starken Gegnern zu tun bekommt. «Das sieht nach einer norwegischen Übermacht aus», bemerkt Hotelchef Rolf Gubler.

Erste «Hopp»-Rufe gehen durch die auf mittlerweile 14 Leute angewachsene Anhängerschaft. Immerhin gut zehn Prozent der Einwohner Tschiervs. Konfibrote werden gestrichen und Spiegeleier verteilt, als Colognas Rückstand auf die Spitzengruppe immer grösser wird. Hoffnungsvolle betonen noch, dass erst die Hälfte der Distanz gelaufen sei. Doch eigentlich wissen alle schon bald, dass es heute keine Medaille zu feiern geben wird.

Als Cologna als Neunter die Ziellinie überquert, hat sich die Dunkelheit im Val Müstair gelichtet. Seine Fans applaudieren verhalten, aber die Treicheln bleiben stumm. Ihr Langlaufstar bleibt dennoch als Sieger in ihren Herzen. Ganz bodenständig.

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Seit dem 09. Februar laufen die 23. Olympischen Winterspiele in Pyeongchang. Alle Highlights und aktuellen Sportnews aus Südkorea gibts immer im Ticker.

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