Es geht um viel Geld
Olympia-Aus trifft SRF heftig

Wer sind die grossen Profiteure? Und was macht das SRF mit Olympia 2021? BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen zur Olympia-Verschiebung.
Publiziert: 25.03.2020 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 26.03.2020 um 08:22 Uhr
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Die Verschiebung der Olympischen Spiele auf 2021 sorgt vorerst für Klarheit. Doch sie bringt auch viele neue Probleme mit sich.

1. Wann genau sollen die Spiele stattfinden?

Das ist noch offen und die Daten zu fixieren wird schwierig. Die Fussball-EM steigt vom 11. Juni bis 11. Juli 2021. Die olympische Kernsportart Leichtathletik plant vom 6. bis 15. August in Eugene (USA) die WM. Auch eine Schwimm-WM in Japan und viele weitere Grossanlässe stehen an. Die Schwierigkeit besteht auch darin, dass sich diese Events nicht so einfach auf 2022 schieben lassen, da dort der Sommer bereits mit dem European Championships in München teilweise besetzt ist.

2. Welche Probleme bereitet die Verschiebung sonst noch?

Eine grosse Knacknuss werden die Sport-Anlagen sein. Die 43 Sportstätten sind teilweise nur für eine temporäre Nutzung vorgesehen. Im Moment ist es fraglich, ob alle 2021 noch zur Verfügung stehen. Das Gleiche gilt für das olympische Dorf, das aus 21 Hochhäusern besteht. Viele der Appartements darin sind bereits für die Nutzung nach Olympia verkauft oder zumindest vermietet. Experten rechnen damit, dass die Verschiebung das IOC und Japan gut 6 Milliarden Franken kosten wird.

3. Was bedeutet die Verschiebung für SRF?

Der IOC-Entscheid habe für SRF «einschneidende Konsequenzen», sagt Roland Mägerle, Leiter SRF Sport und Business Unit Sport SRG, auf Anfrage. Ein Problem: Vom 24. Juli bis 9. August waren mehrere hundert Sendestunden eingeplant. Diese gilt es nun anders zu füllen, was mit grossem Aufwand verbunden sei. «Zum anderen hat die Verschiebung vielschichtige finanzielle Auswirkungen, die derzeit aber noch nicht abschätzbar sind», so Mägerle. «So entfallen 2020 Werbeerlöse und Sponsoring-Einnahmen und es entstehen zusätzliche Kosten, beispielsweise für den Ersatz des geplanten Olympiaprogramms oder für Aufwände im Zusammenhang mit der Annullation beziehungsweise Umbuchung von Flügen und Unterkünften.»

Immerhin: Die Ausstrahlungsrechte für Tokio 2020 verbleiben bei der SRG. Also auch 2021 können das SRF, RTS, RSI und RTR die Spiele übertragen.

Doch die Vorbereitung für 2021 wird zur Mammut-Aufgabe. Die Konsequenzen für die Logistik sowie für die Personal- und Programmplanung seien enorm, hält Mägerle fest. Er erklärt: «Das Kernteam der SRG bereitet das Olympiaprojekt seit rund vier Jahren vor. Geplant war, bereits im Mai vier Lastwagencontainer in Richtung Tokio zu verschiffen. Zudem müssen dutzende Flüge und Unterkünfte storniert oder umgebucht werden. Parallel gilt es, das Grossprojekt in weiten Teilen neu aufzugleisen im Hinblick auf das neue Austragungsdatum im nächsten Jahr.» Konkret liessen sich diese Planungen aber erst vorantreiben, wenn das neue Austragungsdatum feststeht.

4. Wer sind die Gewinner der Verschiebung?

Natürlich alle verletzten Sportler oder jene, die gerade von Verletzungen zurückkommen. Jolanda Neff zum Beispiel profitiert sicher enorm davon. Die Mountainbikerin stürzte diesen Winter schwer und befand sich in einer lebensbedrohlichen Situation. Die Milz ist abgestorben bei der 27-Jährigen und sie musste drei Monate pausieren. Alles andere als eine perfekte Vorbereitung auf die Olympia-Saison.

Die St. Gallerin selbst glaubt aber, dass sie auch so bereit gewesen wäre. «Natürlich ist der Winter anders verlaufen, als ich es mir vorgestellt habe. Ich bin jetzt erst im Aufbau, aber ich bin überzeugt, dass ich meinen Formaufbau auf Olympia hin perfekt hätte machen könnten», sagt Neff zu BLICK.

Sie sei darum traurig, dass die Spiele verschoben werden. «Ich hätte mich sehr gefreut, diesen Sommer anzutreten. Letztes Jahr habe ich das Testrennen gewonnen. Die Strecke liegt mir gut.» Die Absage sei aber der absolut richtige Entscheid in der aktuellen Krise, auch weil es endlich Klarheit für die Athleten bringe. Mit dieser Meinung steht Neff nicht alleine da. Fast alle Athleten reagieren mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung auf die Verschiebung. Von daher sind alle Athleten in gewissem Masse Gewinner dieser Entscheidung.

5. Was passiert jetzt mit den Corona-Camps für Schweizer Sportler in Magglingen und Tenero?

Auch ohne Tokio als Saison-Highlight für viele Athleten plant das Bundesamt für Sport (BaSpo) weiter die Durchführung der teils kritisierten Camps. Das Interesse von vielen Sportlern ist weiterhin da. Aber nach der Olympia-Absage muss zuerst neu ausgemacht werden, wer Zugang bekommen darf. Bisher war natürlich ein Tokio-Ticket ein Trumpf, um in Magglingen isoliert zu trainieren. Das fällt jetzt weg, das BaSpo definiert jetzt neue Richtlinien.

6. Welche Sportler schaffen die Quali?

Das muss neu ausgetüftelt werden. Denn noch ist offen, ob Athleten die zum jetzigen Stand qualifiziert wären, auch 2021 noch dabei sein dürfen. Oder ob die Plätze alle komplett neu vergeben und die Qualifikationsabläufe frisch gestartet werden. Als Beispiel die Schweizer Karate-Kämpferin Elena Quirici. Sie wäre für Olympia in diesem Juli fix dabei gewesen. Jetzt sagt sie: «Vom Weltverband her wäre ich bereits qualifiziert gewesen. Ob mein Platz jetzt für Olympia 2021 bestehen bleibt, weiss ich nicht. Vielleicht wird das massgebende Ranking auch wieder geöffnet.»

7. Was ist mit dem Fackellauf?

Eigentlich hätte am Donnerstag die olympische Flamme ihren Weg durch die 47 Präfekturen Japans antreten sollen. Als Start geplant war die Präfektur Fukushima, die 2011 durch das Erdbeben, den folgenden Tsunami und die Nuklearkatastrophe zerstört worden war. Der Fackellauf wurde nun abgesagt. Die Flamme wird aber bis zur Austragung 2021 in Japan bleiben. Sie soll symbolisch als «Licht am Ende des Tunnels» in der Corona-Krise dienen.

8. Warum kam es nun doch überraschend schnell zu dieser Entscheidung?

Der Druck auf allen Ebenen wurde zu gross. Athleten, Funktionäre und nationale Olympische Komitees sprachen sich gegen den Termin im Sommer aus. Auch Swiss Olympic wandte sich mit der Bitte nach einer Verschiebung ans IOC. Australian und Kanada verkündeten sogar bereits einen Boykott.

9. Gab es das schon einmal?

Nein. Noch nie wurden Olympische Spiele in Friedenszeiten verschoben oder abgesagt. Zudem ist es das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg, seit dies passiert. Damals fanden 1940 und 1944 weder Sommer- noch Winterspiele statt. (sme/md/sid)

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