Beat Feuz und Tinu Friedli
Der schmale Grat zwischen Rollstuhl und Goldmedaille

Beat Feuz und Martin Friedli waren dicke Kumpels und grosse Ski-Talente. Doch dann schlug das Schicksal brutal zu.
Publiziert: 09.02.2018 um 20:08 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:10 Uhr
«Man lernt das alles zu schätzen»
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Weltmeister Feuz über schwere Verletzungen & Schicksale:«Man lernt das alles zu schätzen»
Marcel W. Perren

Es ist ein garstiger Tag im Winter 2000 – auf der Elsigenalp oberhalb Frutigen BE kämpfen in einem Riesenslalom einige Ski-­Talente aus dem Bernbiet um den Sieg beim «Kropf-Derby». Am Ende dieses JO-Punkterennens grüssen zwei Emmentaler und ein Berner Oberländer vom Podest: Der Adelbodner Ralph Aellig gewinnt ­Bronze, der Langnauer Martin Friedli freut sich über Silber und ein gewisser Beat Feuz aus Schangnau strahlt mit Gold um den Hals.

Feuz und Friedli wachsen in dieser Zeit fast wie Ski-Zwillinge auf: Beide starten für den Skiklub Schangnau, wo sie von Martins Vater Konrad Friedli trainiert werden. «Mit dem Tinu habe ich wirklich unzählige Stunden auf der Skipiste verbracht. Ich habe ihn als Kollegen sehr geschätzt, wir hatten viel Spass zusammen», erinnert sich Feuz. Der «Beätu» und der «Tinu» lernen aber auch früh die dunklen Seiten des Lebens kennen.

Feuz ist acht Jahre alt, als er auf der Engstligenalp in Adelboden seinen ersten schweren Absturz hat. Nach einem seiner ersten Triumphe bei einem JO-Rennen will der kleine Kugelblitz die Zeit bis zur Sieger­ehrung mit ein paar wilden Schanzen-Sprüngen überbrücken – und landet mit zwei gebrochenen Fersen für drei Monate im Rollstuhl.

Auch Beat Feuz sass einst drei Monate im Rollstuhl.
Foto: Keystone

Feuz: «Eine schreckliche Zeit, der Rollstuhl war für mich wie ein Gefängnis. Deshalb kann ich mir ­besonders genau ausmalen, wie es sich anfühlen muss, wenn man sein ­ganzes Leben in einem Rollstuhl sitzen muss.» Beats Jugendfreund Tinu ist seit zwölf Jahren auf den Rollstuhl angewiesen. Und er wird dieses «Gefängnis» nie mehr verlassen können.

Was ist passiert? Nachdem Friedli mit 18 Jahren im Gegensatz zu seinem Kumpel Feuz den Sprung in einen Swiss-Ski-Kader ­verpasst, schmiedet der ­gelernte Metallbauer einen Plan B. «Ich will den ­Trainer-Kurs machen und Beat als Coach oder Servicemann im Weltcup betreuen.» Kurz nachdem er den Trainerkurs erfolgreich absolviert hat, donnert er in einer Sommernacht in ­Aeschau mit dem Auto gegen zwei ­Tannen und ist seither gelähmt.

Seinen Kampfgeist hat der Mann, der im März einen Monat nach Beat Feuz seinen 31. Geburtstag feiern wird, aber nie verloren. Er schafft als Partei­loser den Einzug in den Langnauer Gemeinderat und absolviert erfolgreich die Handelsschule sowie eine Zusatzlehre als Konstrukteur. Am 1. Januar 2018 hat er von seinem Vater die Betriebsleitung von der Metallbau AG Friedli übernommen.

Seit Beat Feuz bei Freundin Katrin in Innsbruck wohnt, sehen sich beiden Jugendfreunde nur noch selten.
Foto: Sven Thomann

Weil sein langjähriger Weggefährte Beat Feuz ein paar Monate nach seinem ersten Lauberhornsieg 2012 vom Emmental zu seiner Freundin Katrin nach Innsbruck zügelte, begegnen sich der «Tinu» und der «Beätu» nicht mehr allzu oft. Aber Friedli fiebert aus der Ferne mit. Natürlich auch am Sonntag bei der Olympia-Abfahrt: «Ich wünsche es dem Beätu so sehr, dass er ein Jahr nach seinem Weltmeistertitel in der Abfahrt auch eine Olympia-Medaille gewinnt. Ich glaube, dass ihm die Piste und die Bedingungen in Südkorea entgegenkommen. Aber eben, die Konkurrenz ist gross.»

Das weiss auch Beat Feuz. Aber er kann die Wichtigkeit der Olympia-Abfahrt nicht zuletzt wegen der Biografie von Martin Friedli relativieren. «Wenn ich Tage habe, an denen es mir nicht wie gewünscht läuft, denke ich besonders oft an das Schicksal von Menschen wie Martin oder an die Zeiten, in denen ich selber im Spital gelegen bin. In solchen Momenten wird mir dann immer bewusst, dass es im Leben wichti­gere Dinge als sportliche Erfolge gibt. Deshalb würde für mich die Welt auch ohne Olympia-Medaille nicht ­untergehen.»

Olympia-Ticker

Seit dem 09. Februar laufen die 23. Olympischen Winterspiele in Pyeongchang. Alle Highlights und aktuellen Sportnews aus Südkorea gibts immer im Ticker.

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