Dass ihr Vater Timea Bacsinszky auf dem Tennis-Platz zu einem Wunderkind getrimmt hat. Sie dazu gezwungen hat, dem Spiel mit einem Filzball alles unterzuordnen. Dass sie ihre Kindheit als Hölle bezeichnet und davon spricht, sich als Jugendliche vor Unlust kaum habe bewegen zu können, ist ganz eng mit einem Namen verbunden: Martina Hingis (35).
«Ich musste immer wie sie sein – wenn nicht noch besser», sagte Timea vor einem Jahr. «Martina war der Ursprung meines Verderbens, Schuld am ganzen Horror. Mein Vater wollte, dass ich alles genauso mache wie sie. Das brachte mich dazu, sie nicht ausstehen zu können. Ich hasste sie von klein auf, obwohl ich sie nicht einmal persönlich kannte.»
Unter ihrer Mutter Melanie Molitor eroberte Martina Hingis mit nur 16 Jahren die Tennis-Welt, wurde zur jüngsten Nummer 1 aller Zeiten.
Ihre Geschichte inspirierte zahlreiche Eltern – unter anderem auch Igor Bacsinszky. Für seine Tochter wird das zur Falle, aus der sie sich erst mit einem Rücktritt und durch psychologische Hilfe befreien kann.
Mit ihrem Vater hat sie gebrochen. Sagt, sie habe keinen. Seine Versuche, mit ihr Kontakt aufzunehmen, schmettert sie vehement ab.
Gebetsmühlenartig wiederholt sie: «Heute liebe ich das Tennis. Heute liebe ich, was ich tue. Früher setzte ich mich viel mehr unter Druck, weil ich anderen Leuten gefallen musste. Heute nehme ich die Dinge in meine Hand, fühle mich gut, wenn ich in den Spiegel schaue. Wenn es in einem Match mal nicht reicht, ist das in Ordnung. Weil ich daraus lernen kann.»
Es ist die Ironie des Schicksals, die Martina Hingis und Timea Bacsinszky im Frühling 2015 im Fed Cup in Polen zusammengeführt hat.
Wenn sie voneinander sprechen, ist der Respekt für die Lebensgeschichte des anderen spürbar. Hingis und Bacsinszky gehören zweifellos zu den spannendsten und inspirierendsten Spielerinnen im Tennis-Zirkus.
«Martina ist eine ganz tolle Frau. Heute weiss ich, dass sie mir nie etwas getan hat. Heute fällt mir alles viel leichter, weil mein Leben jetzt mir gehört», sagte Bacsinszky im letzten Sommer.
Nun ist das Frauen-Doppel unser letzter Olympia-Trumpf im Tennis. Und eine gemeinsame Medaille wäre eine weitere Laune des Schicksals. Diesmal eine versöhnliche.