Nach Grapsch-Anschuldigung gegen Blatter
Schweizer Sportlerinnen klagen über Trainer und Fans

Hope Solo wirft mit ihren Anschuldigungen gegen Sepp Blatter Fragen auf. Wie alltäglich ist Sexismus für Sportlerinnen?
Publiziert: 11.11.2017 um 20:09 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:33 Uhr
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Die Schaffhauserin hat mal einen Trainer gefeuert
Stefan Meier, Matthias Dubach und Mathias Germann

Der Vorwurf ist happig und sorgt für Aufregung. Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter (81) soll die US-Fussballerin Hope Solo (36) 2013 bei der Ballon d'Or-Gala in Zürich begrapscht, ihr an den Hintern gefasst haben. Blatter weist die Anschuldigungen via Sprecher Thomas Renggli von sich.

Trotzdem lassen die Worte von Solo aufhorchen. Sexuelle Belästigung sei im Sport omnipräsent, sagt Solo im «Guardian». «Auf jeder Stufe des Frauen-Sports!»

SonntagsBlick hat sich bei Schweizer Sportlerinnen umgehört. «Ich bin früher Rennrad gefahren, da hat ein Trainer die Grenze überschritten», sagt die Töff-Rennfahrerin Sabine Holbrook (36). «Es war ein Küsschen auf den Hals, das ist selbst bei einer vertrauten Trainer-Sportler-Beziehung ein No-Go. Das kann gar nicht nur freundschaftlich gemeint sein.» Die Schaffhauserin beendet die Zusammenarbeit sofort. «Ein solcher Vertrauensbruch ist nicht zu kitten.»

Dabei sind Sportlerinnen oft überhaupt nicht heikel. «In anderen Situationen ist es kein Problem, wir Töfffahrer bekommen beim Wegfahren ja manchmal vom Mechaniker auch einen Klaps auf den Hintern», meint Holbrook. «Das ist okay, weil es dann Menschen sind, die man gut kennt. Es ist aufmunternd gemeint.»

Und die Schweizer Dragster-Rennfahrerin Jndia Erbacher (23) ergänzt: «Bei uns in den Boxen ist es sehr eng, da landet auch mal aus Versehen eine Hand auf dem Hintern, wenn man sich umdreht. Aber das passiert mir genau so bei den Mechanikern, das ist für niemanden Problem.»

Ana Maria Crnogorcevic schützt sich vor Fans 

Für viele Sportlerinnen ist es normal, von Männern berührt zu werden. Der Physio? Oft ein Mann. Der Masseur auch. Der Trainer ebenfalls. Das weiss auch Nati-Fussballerin Ana Maria Crnogorcevic (27). «Die Empfindungen sind bei jeder individuell. Grundsätzlich sind Sportlerinnen bei Berührungen aber nicht heikel. Bei uns im Verein sind alle Physiotherapeuten und die Ärzte Männer, das war noch nie ein Problem.»

Für die Stürmerin, die sich noch nie belästigt gefühlt habe, ist es wichtig, klare Grenzen zu ziehen. «Ich habe auch schon zu Fans gesagt, die mich umarmen wollten, dass das nicht geht. Eine Umarmung ist für mich etwas Intimes und Leuten vorbehalten, die ich gut kenne.»

Viele Schweizer Sportlerinnen wollen sich zu dem Thema auf Anfrage gar nicht äussern. Anders Ex-Skistar Anja Pärson. Die Schwedin packte Anfang Monat ebenfalls aus. «Zu einer Zeit haben es sich gewisse Männer zu einem Sport gemacht und sich gegenseitig angestachelt, meine Brüste oder meinen Hintern anfassen zu können. Es gab sogar Tage, an denen sich die Männer die Freiheit genommen haben, mich zu küssen, als sie ein Selfie machen wollten.»

Die Schweizer Ruder-Weltmeisterin Jeannine Gmelin ist persönlich noch nie mit diesem Thema konfrontiert worden. «Ich hoffe aber, dass alle, die davon betroffen sind, den Mut haben, ihr Schweigen zu brechen. Und wir rundherum, die wir Übergriff und Missbrauch feststellen, sind angehalten, nicht wegzusehen sondern zu handeln.»

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