BLICK: Sie waren ein Bruchpilot. Diese Saison sind Sie ein Seriensieger wie Ihr Bruder Marc und fordern im Titelkampf Tom Lüthi heraus. Was ist passiert?
Alex Marquez: Ich habe meine Mentalität geändert. Ich bin ruhiger und kühler geworden. Das war aber nur möglich, weil mir das Team viel Vertrauen gibt. Endlich zahlt es sich aus. Jetzt geniesse ich es, gegen Tom um den Titel zu kämpfen, denn wir mögen uns.
Ihr Team brauchte viel Geduld. Sie hatten vor der Saison 2019 in 70 Moto2-Rennen nur drei Siege geholt.
Ich kam früher oft in eine Negativspirale, bin nach Stürzen gleich wieder gestürzt. Man ist aber nur wirklich schnell, wenn man in einen natürlichen Flow kommt. An diesem Punkt bin ich jetzt.
Schnappen Sie Lüthi den WM-Titel weg?
Der Titel ist unser klares Ziel. Die Dynamik im Team und meine Form stimmen. Aber die Saison ist noch lange, wir müssen weiter hart arbeiten.
In der Box von Lüthi tönt es ähnlich.
Tom ist mein Hauptgegner. Er weiss, wie er einen Titelkampf managen muss. Er ist clever, kann das Risiko dosieren und ist immer bei den Leuten. Tom ist der kompletteste Fahrer meiner Gegner.
Sind Sie überrascht über sein starkes Moto2-Comeback?
Er war nur ein Jahr in der MotoGP. Nach zwei oder drei Saisons hätte er mehr Probleme gehabt. Ich habe dieses Jahr schon viel von ihm gelernt, bei seiner Töff-Beherrschung und der Linienwahl kann ich bei ihm viel abschauen.
In Barcelona haben Sie und Bruder Marc eine Sternstunde gefeiert. Sie beide haben gewonnen, Sie beide waren danach WM-Leader.
2014 war es ähnlich, als wir beide Weltmeister wurden. Aber diesmal haben wir es mehr genossen und waren stolzer, weil ich schwierige Jahre hinter mir habe. Es war ein toller Moment, den wir natürlich wiederholen möchten.
Ist das ganze Elternhaus in Cervera voll mit Ihren Pokalen?
Ein paar sind daheim, einige in unserem Museum. Die Trophäen für die WM-Titel sind aber alle zu Hause.
Wie ist das Leben als Bruder des MotoGP-Superstars?
Es ist toll. Ich trainiere jeden Tag mit ihm, so habe ich die gleiche Vorbereitung wie er.
Wer von Ihnen ist der grössere Hitzkopf?
Wir sind zwei verschiedene Personen, aber wir sind uns charakterlich ziemlich ähnlich. Ich habe viel von Marc gelernt. Einfach, weil er mein älterer Bruder ist, so wie es jeder jüngere Bruder erlebt.
Reden Sie daheim nur über Rennsport?
Wir reden über alles Mögliche. Über Motocross. Oder wir schauen uns auf Instagram Supercross-Rennen an. Die Formel 1 verfolgen wir auch ein bisschen.
Das ist doch auch Rennsport!
Okay (schmunzelt). Daneben reden wir auch über das tägliche Leben. Wir holen über alles die Meinung des anderen ein.
Alex Marquez kommt 1996 auf die Welt und wird vom selben professionellen Umfeld wie Bruder Marc gefördert. 2012 wird Alex spanischer Moto3-Meister und gibt sein WM-Debüt. 2013 holt er seinen ersten GP-Sieg, 2014 hauchdünn den WM-Titel in der kleinen Klasse. Ab 2015 fährt der Katalane Moto2, wo er zwei Jahre bis zum ersten Podestplatz braucht. Erst 2019 folgt der Durchbruch.
Alex Marquez kommt 1996 auf die Welt und wird vom selben professionellen Umfeld wie Bruder Marc gefördert. 2012 wird Alex spanischer Moto3-Meister und gibt sein WM-Debüt. 2013 holt er seinen ersten GP-Sieg, 2014 hauchdünn den WM-Titel in der kleinen Klasse. Ab 2015 fährt der Katalane Moto2, wo er zwei Jahre bis zum ersten Podestplatz braucht. Erst 2019 folgt der Durchbruch.
Marc hat seit neuestem eine Freundin …
Jetzt hat er weniger Zeit für mich, ich bin eifersüchtig! Nein, ich mache nur Spass. In Wahrheit verbringen wir immer noch viel Zeit zusammen. Wir reisen und trainieren zusammen.
Marc ist vergeben. Sind jetzt Sie bei den Frauen der begehrteste Single?
Vielleicht sollte ich es ausnützen (lacht). Aber nein, mein Fokus liegt nicht darauf, eine Freundin zu finden. Ich will einfach nur erfolgreich Motorrad fahren.
Wie gehen Ihre Eltern mit dem gefährlichen Sport um?
Unsere Eltern kennen das Risiko auf der Rennstrecke. Aber sie bevorzugen es, dass wir unsere Leidenschaft ausleben, statt dass wir jedes Wochenende Party machen. Dort weisst du als Eltern auch nicht, ob deine Kinder zurückkommen. Es gibt im Nachtleben viele Autounfälle. Passieren kann überall was.
Sie werden wohl spätestens 2021 in der MotoGP gegen Marc antreten. Ein Albtraum für die Eltern?
Nein! Denn dann müssen sie nur in einem Rennen mitleiden, nicht mehr in zwei. Das ist also besser für unsere Eltern.
Sie sind der jüngere, aber grössere Bruder. Ab welchem Alter haben Sie Marc überragt?
Als ich etwa 12 Jahre alt war, waren wir etwa gleich gross. Mit 14, 15 war ich bereits grösser.
Hatten Sie als Kinder auch mal Streit?
Na klar, das ist normal unter Brüdern. Wenn wir über etwas diskutieren, kann es auch heute noch hitzig werden. Vor allem beim Playstationspielen. Wir gamen oft Fussball und spielen online im selben Team. Da hagelt es dauernd Vorwürfe wie: «Was soll dieser schlechte Pass?»
Warum spielen Sie nicht gegeneinander?
Das wäre für mich zu einfach (lacht). Aber Marc wird besser.
Wer war der bessere Schüler?
Im Lesen waren wir beide schwach. In Mathematik war er ein bisschen besser. Er war eher ein Musterschüler als ich. Ich war mehr das Energiebündel, das nicht stillsitzen kann. Ich bin schon mit fünf Jahren Motorrad gefahren und wollte immer nur das machen.
Fahren Sie auch mit 40 Jahren noch – wie Valentino Rossi?
Warum nicht? Aber mich reizt es auch, nach der Motorradkarriere eine ganz neue Herausforderung anzunehmen. Die Rallye Dakar zum Beispiel.
Auf dem Motorrad?
Auf keinen Fall. Bei Vollgas in der Wüste mit 180 km/h noch zu navigieren, kann ich mir nicht vorstellen. Ich würde im Auto fahren. Aber ich könnte mir auch Langstrecken-Rennen oder die Superbike-WM vorstellen. Wenn ich aber mit 40 Jahren noch immer MotoGP fahre, gebe ich dem SonntagsBlick wieder ein Interview – versprochen!