Der Töff rast über die Zielgerade und saugt sich im Windschatten an den Gegner heran, vor der nächsten Kurve bremst er ihn aus. Doch zum Sieg reichts nicht: Jason Dupasquier (18) landet auf Rang 4. Der Teenager nimmt den Blick vom Playstation-Bildschirm und sagt: «Für mich ist es schwieriger, auf der Playstation schnell Töff zu fahren als im echten Leben!»
Keine Übertreibung im jugendlichen Übermut: Jason fährt seit seinem fünften Lebensjahr Töff. Am Sonntag rast er statt virtuell am Bildschirm bald in der Realität mit 200 km/h über die Zielgerade in Katar – beim Saisonauftakt der Töff-WM. Mit dem Romand steigt erstmals seit neun Jahren wieder ein Schweizer in die kleinste WM-Klasse ein, die seit 2014 Moto3 heisst. Das war früher die 125-ccm-WM, in der Tom Lüthi (33) 2005 Weltmeister wurde.
Tom Lüthi als Mentor
Ob Jason der kommende Tom Lüthi ist, steht natürlich noch in den Sternen. WM-Punkte in der Debüt-Saison wären Highlights. Klar ist: Tom selber will mithelfen, dass sich der Romand durchsetzt. Lüthi ist durch die Verbindung des gemeinsamen Managers Daniel Epp eine Art Mentor geworden, gibt Jason an der Rennstrecke Tipps.
Als SonntagsBlick Dupasquier daheim in Sorens FR besucht, steckt er mitten in den Vorbereitungen auf seine erste WM-Saison. «Ich trainiere mehr als bisher. Radfahren, Laufen, Berglauf, Squash, Kraftraum, schwimmen, dazu Töff-Training mit Mini-Motos oder Motocross», sagt der WM-Debütant, «ich habe nicht mal mehr Zeit, wie bisher meine eigenen Helmdesigns zu gestalten.» Und – sofern er nicht gerade in Spanien bei Testfahrten ist – gehören auch wöchentliche Deutschstunden bei einer Privatlehrerin dazu. Dupasquier hat bis Ende 2021 im deutschen Prüstel-Team unterschrieben, in der Box wird deutsch und englisch gesprochen.
Und das Playstation-Zocken? Auch das hat einen ernsthaften Grund. Dupasquier hat bisher nur Nachwuchsrennen in Europa bestritten. Viele WM-Rennstrecken kennt er nicht. «Playstation und YouTube-Videos helfen beim Strecken-Lernen», sagt er. Gleich zum Saisonstart kommen mit Katar, USA, Argentinien drei ihm unbekannte Pisten.
Nur seine Schwester ist nicht im Töff-Fieber
Auf Vertrautes muss er aber nicht verzichten: Mutter Andréa ist als Begleitung dabei. In Europa wird Jason dann meistens alleine anreisen: «Ich bin alt genug», sagt er lachend. Vater Philippe, einst Weltklasse-Motocross-Pilot, kümmert sich diese Saison vor allem um Jasons Bruder Bryan (14), der eine deutsche Nachwuchsserie fährt. In der Familie ist nur Schwester Alyson (21) nicht völlig im Töff-Fieber. Obwohl er selber hunderte Rennen gefahren ist, gibt Papa Philippe zu: «Ich bin beim zuschauen nervöser als meine Frau! Ich weiss als ehemaliger Rennfahrer leider nur zu gut, welche schmerzhaften Auswirkungen ein Sturz haben kann. Ich bin auch beeindruckt vom hohen Tempo, das Jason auf diesen kleinen Reifen fährt. Im Motocross hatte ich nie solche Tempis erreicht.»
Jason selber ist vor der WM-Feuertaufe gelassen. Bei den offiziellen Testfahrten hat der Gesamt-Fünfte des letztjährigen Red Bull Rookies Cup gemerkt, welch rauer Wind im GP-Sport weht. Dupasquier sagt: «Natürlich träume ich davon, eines Tages in der MotoGP zu starten. Aber ich fahre erst seit fünf Jahren im Strassensport. Ich will einfach Spass haben und mich diese Saison stetig verbessern.»