Ratschlag von Töff-Superstar
Aegerter soll dort fahren, wo es die meiste Kohle gibt

Töff-Weltmeister Dominique Aegerter hat ein Problem. Trotz enormer Dominanz in der unterklassigen Supersport-WM flattern keine Angebote aus Top-Serien rein. Nun rät ihm ein Ex-Teamkollege zu einem neuen Karriereplan.
Publiziert: 23.06.2022 um 14:05 Uhr
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Dominique Aegerter: Der Schweizer ist in der Supersport-WM auf bestem Weg zur Titelverteidigung.
Foto: Getty Images
Matthias Dubach

Das technische Reglement wurde erheblich geändert, doch auf der Strecke ist das Bild dasselbe wie im Vorjahr! Dominique Aegerter (31) fährt in der Supersport-WM die Gegner in Grund und Boden. Der Töff-Weltmeister von 2021 gibt auch 2022 Vollgas und hat die letzten sieben Rennläufe in Serie gewonnen.

Bei bisher acht Rennen auf vier Circuits hatte Aegerter nur beim allerersten in Aragon nicht gesiegt – da wurde er Zweiter. «Im Winter hatte ich befürchtet, dass es nicht mehr derart gut laufen könnte», sagt Aegerter angesichts der neuen Regeln, die das Feld durchmischen sollten.

Doch bisher hat der Yamaha-Pilot 195 von möglichen 200 Punkten eingesackt. Dominique, der Dominator. «Mittlerweile werde ich nach einem dritten Rang im Training bereits gefragt: Was war los?», sagt Aegerter lachend.

Zudem ist er auch bei seinem Zweit-Job in der elektrischen MotoE Gesamtleader – Aegerter kann diese Saison in zwei Töff-Klassen Weltmeister werden.

Keine Angebote trotz doppelter WM-Führung

Aber dem Berner vergeht das Lachen, wenn er an die Resonanz und an seine Zukunft denkt. Denn bei der mageren TV-Berichterstattung und den ausbleibenden Offerten für den erträumten Aufstieg in die höher dotierte Superbike-WM spürt der Oberaargauer, dass er lediglich abseits des schillernden GP-Sports die Töff-Szene rockt.

Das Schicksal des Schweizers erinnert an Kenan Sofuoglu (37). Der Türke ist mit fünf WM-Titeln der erfolgreichste Pilot aller Zeiten in Aegerters Supersport-Kategorie und wurde so in seiner Heimat zum Volkshelden. Der heutige Fahrer-Manager sitzt dank seiner Popularität sogar im türkischen Parlament.

Nun rät Sofuoglu dem Schweizer bei Speedweek.com, dass er seinen Traum vom Aufstieg aufgeben und weiterhin Supersport fahren sollte. Sofuoglu redet aus Erfahrung. Der Türke schaffte es weder in der Moto2 – als Teamkollege von Aegerter – noch in der Superbike-WM, sich als Spitzenpilot zu etablieren. Also kehrte er zweimal in die Supersport-Klasse zurück und wurde dort immer wieder Weltmeister.

Töff-Experte über Aegerters Situation

Im Fussball würde die Frage lauten: Will ich Topskorer in der 2. Liga sein oder Bankdrücker in der 1. Liga? Bei Töff-Profi Dominique Aegerter lautet die Frage: In der unteren Klasse bleiben und weiter siegen oder unbedingt aufsteigen, was aber bei einem kleinen Privatteam auch gnadenloses Hinterherfahren bedeuten kann?

Ex-MotoGP-Fahrer Alex Hofmann (42) ist der renommierteste Töff-Experte im deutschsprachigen Raum, der Deutsche arbeitet bei Rechteinhaber Servus TV und sagt zu Blick: «Würde Aegerter ein zweites und ein drittes Mal Supersport-Weltmeister, liesse sich das sicher vermarkten.»

Aber Hofmann weiss auch: Um Vollgas geben zu können, muss der Kopf frei sein. «Der Fahrer muss spüren, was für ihn richtig ist. Die einen fühlen sich in ihrer Nische total wohl und geniessen es, dort zu dominieren. Andere haben aber den inneren Anspruch, sich in möglichst hohen Kategorien messen zu wollen.»

Hofmanns Beispiel: Der Nordire Jonathan Rea (35) entschied sich gegen die MotoGP und wurde stattdessen in seiner Nische sechsfacher Superbike-Weltmeister.

Der TV-Experte würde Aegerter verstehen, wenn er mit 32 Jahren noch zum Superbike-Debütanten werden will. «Ich würde es aber nur mit einem Team machen, das ihn unbedingt haben will und einen Töff stellt, der Top-6-fähig ist.» (md)

Alex Hofmann (r.) kommentiert an der Seite von Christian Brugger die MotoGP-Rennen auf Servus TV.
ServusTV

Im Fussball würde die Frage lauten: Will ich Topskorer in der 2. Liga sein oder Bankdrücker in der 1. Liga? Bei Töff-Profi Dominique Aegerter lautet die Frage: In der unteren Klasse bleiben und weiter siegen oder unbedingt aufsteigen, was aber bei einem kleinen Privatteam auch gnadenloses Hinterherfahren bedeuten kann?

Ex-MotoGP-Fahrer Alex Hofmann (42) ist der renommierteste Töff-Experte im deutschsprachigen Raum, der Deutsche arbeitet bei Rechteinhaber Servus TV und sagt zu Blick: «Würde Aegerter ein zweites und ein drittes Mal Supersport-Weltmeister, liesse sich das sicher vermarkten.»

Aber Hofmann weiss auch: Um Vollgas geben zu können, muss der Kopf frei sein. «Der Fahrer muss spüren, was für ihn richtig ist. Die einen fühlen sich in ihrer Nische total wohl und geniessen es, dort zu dominieren. Andere haben aber den inneren Anspruch, sich in möglichst hohen Kategorien messen zu wollen.»

Hofmanns Beispiel: Der Nordire Jonathan Rea (35) entschied sich gegen die MotoGP und wurde stattdessen in seiner Nische sechsfacher Superbike-Weltmeister.

Der TV-Experte würde Aegerter verstehen, wenn er mit 32 Jahren noch zum Superbike-Debütanten werden will. «Ich würde es aber nur mit einem Team machen, das ihn unbedingt haben will und einen Töff stellt, der Top-6-fähig ist.» (md)

Nun rät er Aegerter zum selben Weg, weil bei einem Wechsel in eine höhere Klasse das Hinterherfahren droht. «Dominique hat noch maximal fünf gute Jahre vor sich. Er muss dorthin gehen, wo er Geld verdienen kann. Er kann in der Supersport auf jedem Töff gewinnen. Ich an seiner Stelle würde bei jedem Topteam anklopfen.»

Der Sofuoglu-Plan: Die höheren Klassen vergessen, sich dafür als Supersport-Pilot mit Titelgarantie verkaufen und mit stolzen Sieg- und WM-Prämien die fette Kohle verdienen. Der Türke hatte so in seinen besten Jahren pro Saison locker mittlere sechsstellige Summen eingefahren.

Aegerter hält am Aufstiegs-Traum fest

Blick fragt Aegerter, was er vom Sofuoglu-Plan hält. Doch er will sich nicht auf den Verbleib in der Supersport-WM festlegen und sagt: «Ich weiss, dass die guten Plätze in der Superbike-WM schon fast alle besetzt sind. Trotzdem glaube ich weiter an eine Chance.»

Zudem fällt es schwer, sich Aegerter und Bruder Kevin, der sein Manager ist, als proaktive, knallharte Zocker um den Vertrag mit der meisten Kohle vorzustellen. Immerhin muss der Rennprofi in seinem holländischen Rennstall dieses Jahr nicht mehr fürs Fahren bezahlen und kann mit den Prämien für Siege ein paar Zehntausend Franken einspielen.

Doch was kommt 2023? Die meisten lukrativen Superbike-Deals sind bereits wieder gelaufen. Ohne Aegerter. Er sagt: «Wir sind dran, uns auf allen Seiten umzuhören. Und ich versuche, mich ins Gespräch zu bringen, wenn ich die entsprechenden Leute treffe.»

Ein König in der 2. Liga ist besser als kein König

Kommentar
von Matthias Dubach

Natürlich war es ein Abstieg, als sich Dominique Aegerter mangels Angeboten aus seiner geliebten Moto2-WM vor zwei Jahren umorientieren musste. Aber mit dem zwangsweisen Wechsel in die 2. Liga des Töff-Sports, der seriennahen Supersport-WM, wurde aus dem Berner ein Weltmeister und Seriensieger.

Für Aegerter war immer klar, dass ihn diese Erfolge wieder in die 1. Liga zurückkatapultieren müssen. Also entweder zurück in den GP-Sport zur Moto2 oder aber in die Superbike-WM, was die Königsklasse oberhalb seiner jetzigen Supersport-Klasse ist.

Doch der Berner sollte umdenken und sich von diesen Träumen verabschieden. Die harte Realität ist, dass ihn seine Seriensiege nicht zum begehrten Mann auf dem Töff-Transfermarkt für die Top-Meisterschaften machen. Mit seinen 31 Jahren und der Herkunft aus der international schlecht vermarktbaren Schweiz gilt Aegerter als schwer vermittelbar. WM-Titel und Podest-Stammplatz hin oder her. Zu alt und aus dem falschen Land!

Doch Titel und Rennen gewinnen sind in jeder Klasse besser als irgendwo hinterher fahren. Aegerter ist in der Supersport-WM und auch in der elektrischen MotoE ein absoluter Spitzenpilot. Und wird das die nächsten Jahre auch bleiben, wenn er sich eingesteht, dass ein König in der 2. Liga besser ist als gar kein König zu sein.

Kommentar
von Matthias Dubach

Natürlich war es ein Abstieg, als sich Dominique Aegerter mangels Angeboten aus seiner geliebten Moto2-WM vor zwei Jahren umorientieren musste. Aber mit dem zwangsweisen Wechsel in die 2. Liga des Töff-Sports, der seriennahen Supersport-WM, wurde aus dem Berner ein Weltmeister und Seriensieger.

Für Aegerter war immer klar, dass ihn diese Erfolge wieder in die 1. Liga zurückkatapultieren müssen. Also entweder zurück in den GP-Sport zur Moto2 oder aber in die Superbike-WM, was die Königsklasse oberhalb seiner jetzigen Supersport-Klasse ist.

Doch der Berner sollte umdenken und sich von diesen Träumen verabschieden. Die harte Realität ist, dass ihn seine Seriensiege nicht zum begehrten Mann auf dem Töff-Transfermarkt für die Top-Meisterschaften machen. Mit seinen 31 Jahren und der Herkunft aus der international schlecht vermarktbaren Schweiz gilt Aegerter als schwer vermittelbar. WM-Titel und Podest-Stammplatz hin oder her. Zu alt und aus dem falschen Land!

Doch Titel und Rennen gewinnen sind in jeder Klasse besser als irgendwo hinterher fahren. Aegerter ist in der Supersport-WM und auch in der elektrischen MotoE ein absoluter Spitzenpilot. Und wird das die nächsten Jahre auch bleiben, wenn er sich eingesteht, dass ein König in der 2. Liga besser ist als gar kein König zu sein.

Doch man spürt auch: Aegerter hat zu beissen, dass gute Angebote nicht von selber eintreffen, obwohl er die zweite Saison in Folge überragend fährt. Nicht mal für den Langstrecken-Klassiker Ende Juli in Suzuka, wo er schon mehrmals aufs Podest fuhr, trudelte eine Top-Offerte rein. Geschweige denn ein erträumtes Werksangebot einer grossen Töff-Marke in der Superbike-WM.

Ob Aegerter doch noch auf den Plan zurückkommt, à la Sofuoglu seine Überlegenheit in bare Münze zu verwandeln?

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