«Motorenlärm vermisse ich nicht»
De Silvestro unter Strom

Im Juni gab sie in London ihr Formel-E-Debüt. Jetzt fährt Simona De Silvestro (27) als einzige Frau in der Saison 2015/16 elektrisch. Morgen gehts in China los.
Publiziert: 22.10.2015 um 17:16 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:39 Uhr
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Am Limit: De Silvestro kann sich nicht vorstellen, auf den engen Strecken mit einem noch schnelleren Auto zu fahren.
Foto: Thomas Buchwalder
Von Matthias Dubach

BLICK: Simona De Silvestro, Sie kennen aus den Indycar-Ovalen Tempi von 400 km/h und aus der Formel 1 einen Motor mit 750 PS. Kommt Ihnen der Formel-E-Bolide wie ein Spielzeug vor?
De Silvestro:
Am Anfang dachte ich auch, dass es wohl etwas langsam sein wird. Aber mit 200 kW (= 272 PS) auf diesen engen Strecken zu fahren, ist anspruchsvoll! In London war ich beeindruckt. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dort mit einem noch schnelleren Auto zu fahren.

Was ist im Elektro-Renner anders?
Die Beschleunigung ist auch ziemlich massiv. Beim Topspeed zieht er nicht mehr so stark. Das ist ein markanter Unterschied. Das Bremsen ist auch anders, weil die Wirkung nur auf der Hinterachse ist. Und natürlich gibts keinen Lärm.

Vermissen Sie den Sound nicht?
Eigentlich nicht! Es ist einfach eine ganz andere Geräuschkulisse. Es ist ungewohnt, dass man in den Boxen normal mit den Ingenieuren reden kann und nicht den Funk benutzen muss.

Wie schwierig ist das Stromsparen im Rennen?
Wie extremes Benzinsparen. Als Pilot ist es lässig herauszufinden, wie man Batterie sparen und trotzdem schnell sein kann.

Sie starten gegen namhafte Gegner. Eine grosse Herausforderung?
Ich bin die letzten zwei Jahre nicht mehr eine ganze Saison gefahren. Es war mir wichtig, wieder Stammfahrerin zu sein. Das Level der Formel E ist wirklich hoch, es ist eine der hochklassigsten Meisterschaften überhaupt.

Hier können Sie beweisen, dass Sie die schnellste Frau der Welt sind!
Ich denke schon. Die Formel E ist ziemlich europäisch. Nach meinen Jahren in Amerika ist es sicher gut, mich wieder etwas mehr auf dieser Seite der Welt zu zeigen.

Sind die USA Ihre Heimat geworden?
Mein Zuhause ist immer die Schweiz geblieben. So sehr amerikanisiert habe ich mich nicht, auch wenn ich den grössten Teil meiner Karriere dort verbrachte. Jetzt lebe ich wieder in der Schweiz. Es ist eine Umstellung, wieder näher bei der Familie zu sein.

Die Formel E soll bald auch in der Schweiz fahren. In Zürich gibt es ein Projekt, aber am konkretesten sind die Pläne in Lugano.
Das wäre wirklich cool. Mein letztes Rennen war in Wohlen im Kart. Das ist viele Jahre her. Dazu kommt, dass viele Fahrer sowieso einen starken Bezug zur Schweiz haben. Auch für Sébastien Buemi wäre es ein Heimspiel. Stars wie Nick Heidfeld wohnen schon hier. Und mit der Bank Julius Bär kommt der grösste Sponsor der Formel E ebenfalls aus der Schweiz.

Ihr Vater Pierluigi hat Sie vor zwei Wochen zu Ihrem V8-Supercars-Auftritt begleitet. Wird er auch bei der Formel E stets dabei sein?
Nein, er wollte einfach nach Australien mitkommen. Er mag das Land und wollte die V8-Supercars unbedingt mal live erleben. Normalerweise bin ich alleine unterwegs.

Sie haben dort beim Bathurst 1000 mit Renee Gracie ein Frauen-Team gebildet. Teamkollege David Reynolds bezeichnete Ihr Auto öffentlich als «Pussywagon».
Die V8-Organisation hat darauf ja Klartext geredet (17 000 Franken Busse; d. Red.). Die Stimmung im Team war danach etwas komisch. Aber er ist bekannt für seine Sprüche.

Können Sie in der Formel E allen Männern davonfahren?
Jeder, der in Peking ist, will gewinnen. Auch ich hoffe darauf. Wir werden hart daran arbeiten, vorne dabei zu sein. Natürlich wird es nicht einfach, weil die grossen Teams wie Renault und Citroën mit höheren Budgets arbeiten.

Warum geht Ihr Andretti-Team nicht mit einem neuen Antriebstrang in die Saison?
Es war geplant. Aber die Tests sind nicht nach Wunsch gelaufen. Deshalb fahren wir mit dem letztjährigen Auto.

Ein Nachteil?
Der alte Motor ist bewährt. Die neue Generation ist etwas effizienter. Es wird kein grosser Unterschied sein, weil der Energieverbrauch beschränkt ist. Wir hoffen in den ersten Rennen darauf, dass die anderen Teams ihre Probleme haben werden.

Viele Ihrer Gegner sind Formel 1 gefahren. Haben auch Sie damit abgeschlossen?
Ein Traum wird es immer sein. Ob er Wirklichkeit wird? Keine Ahnung. In der Formel 1 müssen die Fahrer Geld mitbringen. In der Formel E ist das anders, weil alle Teams gute Sponsoren haben. Mein Fokus liegt auf der Formel E. Mein Team steht voll hinter mir. Es macht viel Spass.

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