Tom Lüthi trifft seinen MotoGP-Vorgänger Adi Bosshard
«Jetzt ist der ideale Zeitpunkt für dich»

Der letzte Schweizer Stammpilot in der höchsten Töff-WM war vor 22 Jahren Adi Bosshard. Und der heutige Uhren-Boss war Lüthis erster Sponsor!
Publiziert: 13.03.2018 um 18:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:40 Uhr
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Generationen-Treff: Im Kart-Palais Belpmoos treffen sich der alte und der neue Moto-GP-Star der Schweiz.
Foto: THOMANN SVEN
Von Matthias Dubach (Text) und Sven Thomann (Foto)

Tom Lüthi (31) schreibt nächsten Sonntag Töff-­Geschichte. Er steht beim Saisonauftakt in Katar als erster Schweizer seit 1998 am Start in der Königsklasse. Damals war die heutige MotoGP noch die legendäre 500-ccm-WM, als der eigentlich bereits zurückgetretene Eskil Suter (50) als Ersatzpilot nochmals acht GP fährt.

Gar 22 Jahre ist es her, dass letztmals ein Schweizer als fixer Stammfahrer dabei war. Adrian «Adi» Bosshard (in 8 Tagen 56), heute CEO der Uhrenmarke Certina, fährt 1995 und 1996 gegen die besten Töffpiloten der Welt. Damals heissen diese Mick Doohan und Kevin Schwantz. Lü­this Gegner sind Valentino Rossi und Marc Marquez.

Lüthi und Bosshard sind zwei Generationen Schweizer Königsklasse. Für BLICK treffen sich die beiden im Kart-Palais Belpmoos und reden über den Töffsport von damals und heute.

BLICK: Tom, können Sie sich an Adi als Rennfahrer erinnern? 
Tom Lüthi:
Leider nicht (lacht)!

Adrian Bosshard: Du warst ja auch erst zehn Jahre alt, als ich 1996 aufhörte. Meine besten Jahre in der Töff-WM waren 1993 und 1994 bei den 250ern und dann 1995 das erste 500er-Jahr.

Lüthi: Wie gross war damals dein Team? Mir wurde erst jetzt bei den Tests richtig bewusst, wie viele Mechaniker für mich arbeiten. Viel mehr als vorher in der Moto2!

Bosshard: Es war eine andere Zeit. Ich war Fahrer und Manager gleichzeitig. Ich habe aber immer auf gute Mechaniker geachtet, denn ein technischer Fehler kann dir das Leben kosten. Mein Budget war nicht weit von einer Million entfernt. Etwa ein Viertel kam durch Start- und Preisgelder rein. Den Rest musste ich selber auftreiben, das war happig. Aber das Selbermanagen hat mir später in der Wirtschaftswelt sehr geholfen.

Lüthi: Ich habe jetzt sogar einen Spezialisten in der Box, der nur für die Elektronik zuständig ist. Mir war wichtig, dass ich in ein erfahrenes Team komme.

Bosshard: Ich freue mich riesig, dass du MotoGP fahren kannst. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt. Du hast den Biss, die Intelligenz, das Können und die Erfahrung.

BLICK: Es hiess aber, mit 31 Jahren sei Lüthi schon ziemlich alt für einen Neuling. 
Bosshard:
Das A und O ist die innere Einstellung. Das hat nichts mit dem Alter zu tun.

Lüthi: Der Jugendwahn in der MotoGP grassierte nur kurze Zeit, als Marc Marquez aufgestiegen war und gleich Weltmeister wurde. Aber das legte sich wieder. Auch weil Valentino Rossi (39 Jahre, d. Red.) das Gegenteil beweist.

Bosshard: Eben, das beste Beispiel fährt ja noch immer. Ich war übrigens beim 500er-Einstieg 33 Jahre alt. Aber meine Karriere ist heute unvorstellbar.

BLICK: Weshalb? 
Bosshard:
Ich war 1988 und 1989 zweifacher Motocross-Schweizer-Meister und verdiente gutes Geld, bevor ich in den Strassensport wechselte. Für den Umstieg habe ich als 28-Jähriger auf unser Haus wieder eine Hypothek aufgenommen und investiert.

Lüthi: Das war sehr mutig!

Bosshard: Es hiess: Du spinnst! Mich hat die Rundstrecke aber immer gereizt. Als ich erstmals auf Asphalt testete, war ich rasch so schnell wie die besten Schweizer. Ich bereue nichts, ich konnte meine Passion ausleben und habe viel für das Leben nach dem Sport gelernt.

BLICK: Heute muss man schon als Kind auf der Rennstrecke fahren, um später von der MotoGP träumen zu dürfen?

Bosshard: Genau, es hat sich alles verändert. Toms Karriere habe ich ja schon seit seinen Pocket-bike-Zeiten genau verfolgt.

Lüthi: Das musstest du auch, schliesslich warst du mein erster Sponsor …

Bosshard: Ich war 1999 bei Certina Chef des Schweizer Marktes geworden. Da hörte ich am Telefon ein feines Stimmchen. Es war deine Mutter Silvia. Sie hat mir von ihrem Sohn Tom erzählt. Ob es eine Chance auf Unterstützung gäbe?

BLICK: Haben Sie sofort zugesagt?

Bosshard: Nein, aber ich bin aus Neugier mit meiner ganzen Familie zu einem Pocketbike-Rennen nach Gwatt gefahren. Tom war ein Knirps, aber er ist um alle Kreise gefahren.

Lüthi: Das weiss ich noch, ich habe sogar den Zweiten überrundet!

Bosshard: Ich hatte riesige Freude und sponserte etwas Geld. 2001 habe ich dann mit Dani Epp (bis heute Lüthis Manager, d. Red.) einen Deal abgemacht.

Lüthi: Da war ich im Junior-Cup in Deutschland, 2002 dann in der IDM. Dort ist es dann richtig losgegangen.

Bosshard: Es war faszinierend. Ich habe Herrn Hayek oft am Sonntag ein SMS geschrieben: Er hat schon wieder gewonnen (lacht). Das ging weiter bis zum WM-Titel 2005. Ab 2008 wechselten wir mit Certina in den Autosport, du bist aber bei Tissot in unserer Familie geblieben.

BLICK: Und jetzt ist der damalige Knirps Ihr Nachfolger in der Töff-Königsklasse.

Bosshard: Tom, du bist viel mehr als mein Nachfolger. Ich war vielleicht ein guter Schweizer Rennfahrer, aber von deiner Sorte gibts in der ganzen WM nur wenige. Du bist seit Jahren an der Weltspitze. Bei dir stimmt das ganze Paket. Ich bin mir übrigens bei dir auch sicher, dass du später problemlos den Umstieg ins Berufsleben meistern wirst.

Lüthi: Danke. Aber zuerst will ich mich in der MotoGP beweisen. Ich muss die ersten drei Rennen noch als Tests nehmen, mir fehlen die Testtage vom November. Aber dass jetzt die Saison losgeht, wird mir helfen, in den nötigen Rhythmus zu kommen.

BLICK: Sie, Adi Bosshard, haben 1995 bei ­Ihrem Debüt als 15. sogleich einen WM-Punkt geholt.

Bosshard: Ich war zunächst sogar weiter vorne, aber am Schluss hat der Reifen komplett abgebaut. Es war toll, gleich auf Anhieb mit ­guten Fahrern mitzuhalten. Ich hatte wie du vor dem Auftakt nicht viele Testfahrten gehabt, das hat mir geholfen. Ich habe mich einfach auf die bestehende Abstimmung verlassen. Die 500er hatten damals etwa 200 PS, mir ist die Umstellung relativ leichtgefallen.

Lüthi: Wir experimentieren auch noch nicht gross herum. Aber die Umstellung braucht Zeit, auch wegen der komplexen Elektronik.

Bosshard: Das gabs bei uns noch überhaupt nicht. Wir hatten nur eine Gashand und zwei Beine als Sensoren!

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