Tom Lüthi, Sie fliegen trotz gebrochenem Sprungbein nach Valencia. Warum?
Es ist das letzte Rennen für mein Team. Ich habe deswegen einige Termine, auch für die Sponsoren. Und nächsten Dienstag und Mittwoch findet der MotoGP-Test statt. Ich kann mich im neuen Team einleben und die Daten anschauen, damit ich wenigstens die Theorie schon kenne, wenn ich selber erstmals fahre. Aber es ist schon bitter, dass ich nicht fahren kann.
Sie wurden vor einer Woche operiert. Schmerz der Fuss noch?
Es geht mir nicht schlecht, auch wenn mir noch Energie fehlt. Die Schmerzen sind nicht weg, aber weniger geworden. Aber ich muss den Fuss dauernd hochlagern, das ist extrem mühsam. Leider lässt sich trotz der Schrauben das Knochenwachstum nicht beschleunigen. Aber ich habe es akzeptiert. Es gibt Schlimmeres als eine Verletzung, die wieder ganz ausheilt.
Wer hat Ihnen zu Hause geholfen?
Notgedrungen habe ich nicht viel gemacht daheim. Ich bin froh, dass meine Mutter ab und zu vorbeikommt. Auch beide Schwestern haben reingeschaut. Es ist einfach mühsam, dass man nichts selber machen kann. Aber ich sage mir täglich: Es ist, wie es ist. Herumfluchen bringt nichts. Nach dem Sturz ist es mir nicht gut gegangen, aber jetzt schaue ich nach vorne.
Welche Erinnerungen haben Sie an den bösen Quali-Crash in Malaysia?
Nach dem Sturz wusste ich nicht, wo ich bin. Ich habe nur Asphalt gespürt. Dann bin ich auf der Wiese ein paar Schritte gegangen, bis ich wegen der Schmerzen im Fuss zusammengebrochen bin.
Trotzdem haben Sie sich gegen den Transport im Krankenwagen gewehrt?
Als Rennfahrer hofft man einfach, dass man sofort wieder auf den Töff steigen kann. Ich wollte nicht in den Krankenwagen, weil dann der ganze Prozess mit den medizinischen Abklärungen in Gang gesetzt wird. Aber ich konnte mich wehren wie ich wollte, sie haben mich reinbugsiert.
Dennoch kam das Aus erst tags darauf am Renntag.
Selbst als ich ins Spital von Kuala Lumpur kam, hoffte ich noch aufs Rennen. In der Nacht habe ich wegen den Schmerzen praktisch nicht geschlafen. Der Rennarzt hat mir den Start sowieso verboten. Im Nachhinein weiss ich, dass es keine andere Option gab. Ich hätte ja siegen müssen. Ein 5. oder 10. Platz, was mit dieser Verletzung immer noch stark gewesen wäre, hätte mir nichts gebracht.
Jetzt steigen Sie als Vize-Weltmeister in die MotoGP auf.
Mein Ziel war, um den Titel zu kämpfen. Das haben wir bis zum Sturz geschafft. Aber es ist schon bitter, dass es nicht geklappt hat. Ich wollte mich nach dem Vize-Titel von letzter Saison einen Rang verbessern. Aufs Team bin ich trotzdem stolz, weil wir extrem viel gearbeitet haben.
Werden Sie in Valencia mit hochgelagertem Fuss rumsitzen?
Ich werde nicht viele Stunden an der Rennstrecke sein, ich suche mir lieber einen Kraftraum im Hotel. Ich habe jetzt mit dem Aufbautraining für die Beweglichkeit begonnen. Der Gips ist dafür abnehmbar. Nur belasten darf ich nicht, das ist das Mühsamste.
Einen Siegerpokal bekommen Sie trotzdem. Den von Dominique Aegerter aus Misano, wo er disqualifiziert wurde.
Das ist eine komische Situation. Meinen Pokal (für den 2. Platz, d. Red.) musste ich auch einpacken. Mal schauen, was damit passiert.
Bis Ende November wäre reglementarisch ein MotoGP-Test noch möglich. Ist das realistisch?
Es sieht schlecht aus, obwohl ich es noch nicht ganz aufgeben will. Ich kann den Fuss erst 4 bis 6 Wochen nach der OP wieder belasten. In drei Wochen ist das erste Kontroll-Röntgen. Ich sagte dem Chirurgen, er solle vier statt zwei Schrauben reinmachen. Aber dann wäre der ganze Knochen verbohrt und schwächer als vorher.
Sie werden also erst 2018 erstmals MotoGP fahren?
Es deutet viel darauf hin. Aber etwas Positives gibt es: Durch die Verletzung bin ich in Malaysia meinen 250. GP gar nicht gefahren, jetzt wird mein erstes MotoGP-Rennen das Jubiläumsrennen. Das ist mir gestern vor lauter Rumliegen in den Sinn gekommen (lacht).