Eigentlich hätte Dominique Aegerter (26) allen Grund, die Beine hoch zu lagern und den Triumph von Misano vor Landsmann Tom Lüthi (31) zu geniessen. Doch gleich nach dem Sieg kehren die Gedanken an den Alltag zurück.
Aegerter ist noch ohne Team für 2018 und steht von einer wichtigen Entscheidung. Denn es stehen ihm zwei Möglichkeiten offen: Entweder er bleibt bei seinem aktuellen Team Kiefer Racing, bei dem er sich extrem wohl fühlt. Aber die Deutschen sind chronisch klamm. Oder er kehrt zurück zum CarXpert-Team, von dem er sich letzte Saison in einem heftigen Streit getrennt hat.
Rückkehr kann gefährlich sein
Natürlich birgt die Rückkehr zur Ex – als Nachfolger von MotoGP-Aufsteiger Lüthi – viele Gefahren. Aus verschiedenen Gründen. Erstens würden die Mechaniker Aegerter nicht mit offenen Armen empfangen. Die Crew ist nach dem letztjährigen Eklat eher gegen eine Rückkehr. Und ein Fahrer, der seiner Crew nicht vertrauen kann, ist nicht schnell.
Zweitens wartet mit Teamchef Fréd Corminboeuf eine Person, mit der sich Aegerter nicht versteht. Das zerrüttete Verhältnis zwischen dem Oberaargauer und dem Romand war nicht zuletzt einer der Gründe, weshalb Aegerter unbedingt vom Team weg wollte.
Drittens ist auch bei CarXpert nicht sicher, wie die Finanzierung aussieht. Der eine Hauptsponsor, Interwetten, verlässt das Team zusammen mit Lüthi in Richtung MotoGP. Und es wird gemunkelt, dass auch CarXpert und Garage Plus als Sponsor und Namensgeber aussteigen. Patron Olivier Métraux, der hinter den Firmen steckt, will wohl lieber auch weiterhin Lüthi unterstützen.
Darum ist das Ex-Team sexy
Doch bei all den Gefahren, die lauern: Die Ex ist für den 26-Jährigen auch verdammt sexy. Denn mit KTM wurde ein starker Partner an Land gezogen. Die Österreicher liefern kommende Saison die Motorräder. Und die sind richtig schnell, wie die aktuelle Saison zeigt.
Viel wichtiger ist aber noch ein anderer Grund. «Hinter KTM steht viel finanzielle Power und sportliches Knowhow», sagt Aegerters Manager Robert Siegrist. «Das kann vor allem auch für die Zukunft sehr wichtig sein.»
Dann nämlich, wenn sich Aegerter für einen Moto2-Werksvertrag für 2019 aufdrängen und danach sogar von der MotoGP bei KTM träumen kann.
KTM ist heiss auf Aegerter
«Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig und wir müssen in den nächsten Tagen besprechen, was besser ist. Es ist eine Güterabwägung zwischen einem Team, wo er sich geborgen fühlt und der Möglichkeit, KTM zu fahren», erklärt Manager Siegrist.
Aegerter steckt also in einer Zwickmühle. Er hat in Misano gezeigt, dass er auf Suter stark fahren kann und geniesst die Nestwärme bei Kiefer. Doch das Ex-Team mit KTM bietet auf lange Sicht das vielversprechendere Paket.
Hinzu kommt, dass KTM Aegerter unbedingt an Bord holen will. Die Ösis wollen sich in der Moto2 breiter aufstellen und brauchen dringend Spitzenpiloten. Deshalb geht die Tendenz beim Aegerter-Clan wohl eher in Richtung Rückkehr.
Was wiederum bitter für Jesko Raffin wäre. Denn als dritter Fahrer des Teams hinter dem neu verpflichteten Sam Lowes und Corminboeuf-Liebling Iker Lecuona müsste der talentierte Zürcher eventuell über die Klinge springen – trotz laufendem Vertrag für 2018.