Tom Lüthi arbeitete hart im Windkanal
Neues Jahr, neues Glück, neuer Weg. Tom Lüthi hat seine Vorbereitung für die Saison 2015 komplett umgekrempelt.
Einerseits holt er sich neuerdings mit Kickbox-Training die nötige Aggressivität. «Es ist eine tolle Mischung, ein komplettes Training», schwärmt Lüthi. «Aggressivität, Konzentration, Nehmer-Qualitäten, Instinkt, Reaktion. Alles wird gefordert. Ich hätte viel früher damit beginnen sollen.»
Andererseits ist der Emmentaler unter die Tüftler gegangen. Weil in dieser Saison in der Moto2 jedes noch so kleine Detail zählt, nahm er sich selbst und seinen neuen Kalex-Töff im Windkanal ganz genau unter die Lupe.
«So intensiv habe ich noch nie im Windkanal gearbeitet. Zuletzt war ich für Aprilia bei den 250ern für wenige Stunden drin», sagt Lüthi. Das war vor rund sechs Jahren. Jetzt wollte er es noch einmal wissen.
Gemeinsam mit Dominique Aegerter, der schon im Vorjahr an der Aerodynamik tüftelte, lässt sich Lüthi bei Genf einen ganzen Tag den rauen Wind um den Helm blasen. Vier Ventilatoren sorgten bereits im Dezember für Windgeschwindigkeiten um die 260 km/h.
Der 28-Jährige arbeitete an verschiedenen Sachen. Der Töff selbst wird angepasst, verschiedene Verschalungen werden ausprobiert. «Ich habe aber auch an meiner Sitzposition gearbeitet, damit sie besser zur Kalex-Maschine passt.» Lüthi sitzt etwas anders auf dem Töff als sonst, wenn er heute mit dem Training in Katar in die Saison startet. «Ich habe zwei, drei Anpassungen vorgenommen. Das sind zwar Kleinigkeiten, aber halt auch wichtige Bausteine für das grosse Ganze.»
Da fast das ganze Feld auf dem gleichen Töff (Kalex) unterwegs ist, kann jeder Baustein entscheidend sein. Um rund 10 Prozent konnte Lüthi den Luftwiderstand verringern! Ein Detail, das über Sieg oder Niederlage entscheiden könnte.
Dominique Aegerter sucht den Psycho-Coach
Dominique Aegerter wurde es letztes Jahr in der zweiten Saisonhälfte zu viel. Nach dem Sieg kam der Absturz – auch weil der Kopf nicht mehr richtig mitmachen wollte.
«Es kam so viel auf mich zu. Ich habe mich ablenken lassen und war nicht mehr voll bei der Sache», sagt der Oberaargauer.
Die Neuigkeit, dass Lüthi sein Teamkollege wird. Ein Knatsch im Team. Eine Biografie. Der 24-Jährige konnte wegen all dem seine Leistung nicht mehr abrufen. Ausserdem wollte ihm jeder dreinreden, was er zu tun hat. Domi hat schlicht den Kopf verloren.
«Ich bin jetzt auf der Suche nach einem Mental-Trainer. Ich habe gemerkt, dass ich jemanden brauche, der mir hilft», gesteht Aegerter nun. «Ich muss lernen, äussere Einflüsse auszublenden.»
Noch ist Aegerter auf der Suche. «Ich will nächste Woche ein paar Kandidaten kontaktieren. Ich hoffe, schnell einen zu finden.»
Ein Mental-Trainer könnte auch helfen, die herrschende Unsicherheit zu bekämpfen. Weil fast alle Test-Tage ins Wasser fielen, hat Aegerter noch grosse Probleme mit seinem neuen Töff. «Ich habe mich bei den schlechten Bedingungen nie sicher gefühlt und hatte auf der Maschine immer ein schlechtes Gefühl.» Wenn Aegerter dieses Problem nicht schnell los wird, droht ein Debakel.
Randy Krummenacher ist endlich wieder fit
Bei Randy Krummenacher blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Er fährt wieder einmal für ein neues Team und auch wieder auf einem Kalex-Töff. Und er hat sein Training komplett umgestellt. «Ich habe eigentlich alles anders gemacht in der Vorbereitung», sagt der Zürcher Oberländer.
«Krummi» war den ganzen Winter viel auf der Motocross-Maschine unterwegs und drehte auch viele Testkilometer mit seiner privaten 600-ccm-Strassenmaschine. «Ausserdem habe ich anstatt an der Ausdauer auch viel an meiner Spritzigkeit gearbeitet», erklärt der 25-Jährige.
Nach diversen Verletzungen in den letzten Jahren ist Krummenacher endlich wieder einmal richtig fit. «Ich bin körperlich und mental wirklich voll und parat.»
Robin Mulhauser mit neuem Optimismus
Eines vorneweg: Der grosse Star in der Moto2 wird Robin Mulhauser wohl nie. Aber der Teamkollege von Aegerter und Lüthi hat in seiner ersten Saison durchaus eine erfreuliche Entwicklung durchgemacht.
Nun soll mit Hilfe eines Mental-Coaches der nächste Schritt erfolgen. «Ich arbeite erstmals mit einem zusammen», sagt der sympathische Fribourger «Wir werden sehen, wohin das führt.»
Über viele Gespräche will der 23-Jährige mental robuster werden. «Er bringt mir auch Techniken bei, meine Ziele zu visualisieren und positiv zu denken.»
Was mit diesem neuen Optimismus drin sein wird? Der erste WM-Punkt wäre bereits ein grosser Erfolg.
Jesko Raffin kämpft mit dem Gummi
Zwar absolvierte Jesko Raffin schon 2012 drei WM-Einsätze als Ersatzpilot von Randy Krummenacher, doch diese helfen ihm nun herzlich wenig. Raffin: «Ich war damals ein ganz anderer Fahrer. Ich schaue den Sonntag als mein erstes WM-Rennen an.»
Der Zürcher kennt zwar seinen Töff fast perfekt, da er schon die zwei letzten Saisons in der spanischen Meisterschaft eine Kalex fuhr. Aber ihm machen die Reifen zu schaffen. Statt auf Michelin ist er in der WM auf Dunlop unterwegs. «Das ist eine grosse Änderung. Ich muss jetzt viel flüssiger in die Kurven», erklärt der 18-Jährige. «Ich muss meinen ganzen Fahrstil anpassen.»
Klar, dass das Zeit braucht. Punkte in der Rookie-Saison wären deshalb eine grosse Überraschung.