So ausser sich erlebt man Sébastien Buemi (28) sonst nie. Schon direkt nach der Zieldurchfahrt brüllt er in den Funk: «Merde! Scheisse!»
Und nach dem Formel-E-Rennen in Montreal (Ka) ist der Rennfahrer aus Aigle VD weiterhin auf 180. Wutentbrannt stapft unser Elektro-Weltmeister nach seinem 4. Rang durch die Boxengasse.
Aber unterwegs liest er gleich mehreren Gegnern die Leviten. Zuerst stoppt er beim Andretti-Team und nimmt sich beide Fahrer zur Brust: Antonio Felix Da Costa (Por) und Robin Frijns (Bel).
Der Schweizer beschuldigt zuerst Da Costa für die Berührung im Startpulk, nach der Buemi mit einem schief stehenden Lenkrad weiterfahren musste. Aber es war Frijns. «Du hast meine Lenkung kaputt gemacht», klagt Buemi den Belgier an. Der gibt zurück: «Ich wäre dir beinahe hinten raufgeknallt, ich habe nur versucht, schlimmeres zu verhindern. Aber alles klar, nächstes Mal mache ich dir gleich den Heckflügel kaputt!»
Ein paar Schritte weiter trifft Buemi auf Daniel Abt (De), den Teamkollegen seines Titel-Rivalen Lucas Di Grassi. Buemi schimpft: «Was sollte das nach der Boxengasse? Warum fährst du wie ein Irrer in mich rein?»
Der Hintergrund: Beim Boxenstopp zur Rennhälfte kommt Buemi direkt hinter Abt rein. Der Deutsche schleicht verdächtig langsam zur Box – will er den WM-Leader aufhalten und so den Titelkampf beeinflussen? Buemi: «Das war Absicht!» Abt: «Da war nichts!»
Buemi geht auf Di-Grassi-Teamkollege los
Bei der Boxenausfahrt ist Buemi knapp vorne, wird wegen einer Gelbphase auf der Strecke gleich wieder langsam. Abt touchiert deshalb sein Heck. «Du hast vergessen, wegen der Gelbphase den Speedlimiter zu drücken!» Der Deutsche grinst nur und sagt: «Aber du war beim Wegfahren bei der Box eine Gefahr.» Beim Weggehen schnauzt der Schweizer: «Das war nicht sauber, Mann.»
Buemi flippt aus, obwohl er nach dem Rencontre am Start vom Platz 17 bis auf die 4. Position nach vorne fuhr. Das Problem: nach seinem heftigen Crash im Training musste das Renault-Team die Batterie wechseln: Zur Strafe gings 10 Startplätze nach hinten.
Buemi disqualifiziert
Das zweite Problem: Rivale Di Grassi siegt souverän und übernimmt erstmals in dieser Saison die WM-Führung von Buemi, der ja trotz seines Verzichts auf die 2 New-York-Rennen (er startete in der Langstrecken-WM) als Gesamtführender nach Kanada kam.
Doch Stunden nach dem Rennen kommts für Derwisch Buemi noch viel schlimmer. Sein zweites Auto, das nach dem Trainings-Crash in aller Eile wieder aufgebaut wurde, war im Rennen untergewichtig. Disqualifikation!
Damit braucht der Titelverteidiger im Saisonfinale in Montreal am Sonntag (22.00 Uhr, live DMAX) ein Wunder. Statt 6 Punkte liegt Di Grassi nun 18 Punkte vorne. Buemi muss auf einen Di-Grassi-Ausfall hoffen und selber aufs Podest fahren!