BLICK: Haben Sie in Zürich einen Heimnachteil?
Sébastien Buemi: Ich denke nicht, ich freue mich extrem auf das Rennen! Aber warum meinen Sie?
Sie absolvieren in den Tagen vor dem E-Prix ein anstrengendes Mammutprogramm mit Medienterminen und Auftritten.
Ich finde das gut! Ich wäre enttäuscht, wenn ich keine Interviews geben müsste und keine Termine hätte. Es ist schön zu sehen, dass man in Zürich so viel über Formel E spricht. Ich habe riesige Freude, hier zu sein. Mir war klar, dass es ein anstrengendes Wochenende wird.
Wie entspannen Sie bis zum Renntag?
Wir haben uns gut organisiert. Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag hatte ich viele Termine. Doch ab Samstag ist Schluss, dann muss ich mich auf das Wichtigste konzentrieren: Das Rennen.
Sie träumen vom Heimsieg. Besteht die Gefahr von Übermotivation?
Ich konzentriere mich so wie immer, egal ob ich in Zürich oder Berlin fahre. Wenn ich einen Rennsieg wählen könnte, wäre es mir natürlich lieber hier in Zürich. Aber ich sitze überall einfach ins Auto und freue mich auf meinen Job, alles andere blende ich dann aus.
Was halten Sie von der Strecke?
Ich habe sie mir zu Fuss angeschaut. Sie ist gut. Es hat zwar viele Bodenwellen auf den zwei langen Geraden, aber das ist kein Problem. Der zweite Sektor ist ziemlich langsam, dafür mit gutem Belag. Ich hoffe, dass es ein attraktives Rennen gibt.
Was wissen Sie von ihren Zürich-Fahrten im Simulator?
Wir werden den höchsten Topspeed des ganzen Jahres erreichen. Im Simulator waren es bis 225 km/h am Ende der zweiten Geraden. So schnell waren wir in der Formel E noch nie unterwegs.
In der Boxengasse sind wegen des Kopfsteinpflasters nur 30 statt 50 km/h erlaubt. Was halten Sie davon?
Das ist okay, denn es verschafft dir etwas mehr Zeit. Denn der Boxenstopp ist viel stressiger als früher, als es noch ein Zeitlimit gab. Jetzt muss man so schnell wie möglich von einem Auto ins zweite springen.
Wird ihre Familie in Zürich dabei sein?
Meine Kinder und meine Frau (Jennifer mit den Söhnen Jules (2) und Théo (5 Monate), d. Red.) kommen am Freitagabend an. Sie werden noch in der Box vorbeischauen, aber nur eine halbe Stunde. Sie sind auch nicht im gleichen Hotel wie ich, ich muss mich auf meinen Job konzentrieren. Sie sind fast nie an der Rennstrecke dabei, aber das Heimrennen wollten sie nicht verpassen.
Sie fahren das erste Rundstreckenrennen in der Schweiz seit 1954.
Als Kind habe ich das nie hinterfragt. Es war immer völlig klar, dass es in der Schweiz keine Möglichkeit gibt, ein Rennen zu fahren. Nach meiner Kart-Zeit war es logisch, nach Italien, Frankreich oder Deutschland zu gehen. Jetzt ist es plötzlich in der Schweiz möglich. Ich freue mich extrem, es ist immer noch unglaublich.
In der Formel E passiert alles an einem Tag, neben dem Autofahren kommen auch noch Aktivitäten mit den Fans hinzu. Wie anstrengend ist das?
Es gibt zwei Sachen in der Formel E. Alles passiert an einem Tag und im Qualifying hat man nur eine Runde Zeit. Das heisst, alles geht schnell, ein kleiner Fehler kostet sehr viel. Es ist anstrengend. Aber man kann sich vorbereiten und der Stress dauert nur einen Tag.
Wie wichtig ist in der Formel E der Fahrer?
Er ist wichtiger als in der Formel 1. Das ist gut so. Man hat auch in einem Auto eine Chance, das nicht zu den besten zählt. Hier können verschiedene Teams und Fahrer gewinnen, in der Formel 1 hast du momentan drei siegfähige Teams. Und das ist schon super. Manchmal ist es nur eines oder zwei.
Reisen Sie nach dem Rennen sofort heim nach Aigle?
Nein, ich fliege direkt nach Le Mans zum 24-Stunden-Rennen. Meine zwei wichtigsten Rennen in diesem Jahr sind direkt hintereinander!