60 Jahre Horror in Le Mans
Die Hölle auf Erden

Die grösste Tragödie in der Geschichte des Motorsports jährt sich heute zum 60. Mal. Die Folgen spürt die Schweiz bis heute.
Publiziert: 11.06.2015 um 18:15 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 12:09 Uhr
84 Tote: Der Horror-Crash von Le Mans 1955
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:84 Tote: Der Horror-Crash von Le Mans 1955
Von Stefan Meier

Eine schlichte schwarze Tafel erinnert in Le Mans an den Horror. «In memoriam 11. Juni 1955» steht dort geschrieben. Die Plakette hängt an einem Sicherheitszaun, der an diesem tragischen Tag vor 60 Jahren Dutzende Leben hätte retten können.

Damals brach um 18.26 Uhr die Hölle los: 35 Runden sind gefahren, als der vor Juan Manuel Fangio (Arg †) führende Mick Hawthorne (Gb †) das Drama mit einem unbedachten Manöver einleitet. Der Brite schneidet auf dem Weg zur Box dem überrundeten Lance Macklin (Gb †) den Weg ab. Macklin weicht aus, fährt Pierre Levegh (Fr †) vor die Schnauze und wird so zur tödlichen Rampe für den Mercedes-Piloten.

Levegh hebt ab und prallt auf den niedrigen Erdwall, der die Zuschauer vor den 250 km/h schnellen Boliden schützen soll. Der Tank des Mercedes explodiert, Trümmerteile werden in die Menge geschleudert. «Erst ein Feuerball. Und dann war es wie beim Dominospiel. Die Menschen sind reihenweise umgefallen», beschrieb Augenzeuge Daniel Oudin 2010 in einer TV-Dokumentation die schrecklichen Szenen.

Die Haupttribüne gleicht einem Schlachtfeld. Verbrannte und zerfetzte Körper überall. Die traurige Bilanz der Tragödie: 83 Zuschauer und Pilot Levegh lassen ihr Leben.

Der schwärzeste Tag in der Geschichte des Motorsports hinterlässt Spuren. Das Rennen wird zwar zu Ende gefahren (Sieger Hawthorne!), doch Mercedes nimmt seine verbliebenen Rennwagen aus dem Rennen. Der Rennstall zieht sich Ende Saison – auch aus finan­ziellen Gründen – komplett aus dem Motorsport zurück, kehrt erst 30 Jahre nach dem Drama zurück.

Mehrere Länder verbieten Rundstreckenrennen. Darunter die Schweiz, die heute noch daran festhält. Doch der Rennsport ist ein anderer geworden. «Natürlich hat es ein Davor und ein Danach gegeben. Im Rückblick müssen wir zugeben, dass die Sicherheitsmassnahmen damals mit der Entwicklung der Boliden nicht Schritt gehalten haben», sagt Fabrice Bourigault, einer der Verantwortlichen des veranstaltenden Automobilclubs des Westens.

Doch wenn es an diesem Wochenende zum 83. Mal auf den 13 629 Meter langen Rundkurs geht, fährt das Risiko wie immer mit. Genau darum pilgern genau wie früher die Massen nach Frankreich an die Sarthe. Über 200 000 wollen den Nervenkitzel, wenn sich Audi und Porsche um den Sieg duellieren. Bisher liegen die Vorteile bei den Stuttgartern mit 3 Porsche an der Spitze nach dem ersten Qualifying. Mittendrin Neel Jani (Porsche), der die beste je gefahrene Zeit liefert, Vorjahressieger Marcel Fässler (Audi) und Aussenseiter Sébastien Buemi (Toyota).

Und immer präsent die Hoffnung und das Vertrauen, dass sich ein Drama dieses Ausmasses nie mehr wiederholt.

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