Willy Kym (1941–2011)
Mit seinem saloppen Auftreten erzürnte er den TV-Direktor

Willkommen in den guten alten Schwarz-Weiss-Zeiten! Warum Schauspiel-Legende Hannes Schmidhauser Willy Kym einst mit einer Krähe verglich. Und weshalb sich der Fernsehjournalist plötzlich schminken musste.
Publiziert: 24.11.2023 um 00:36 Uhr
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Aktualisiert: 24.11.2023 um 07:21 Uhr
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Der junge Willy Kym: Dieses Bild stammt von 1968.
Foto: intern
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Daniel LeuStv. Sportchef

War früher alles besser? Zumindest anders, wie diese Episode aus dem Jahr 1968 zeigt. Damals wagte es der junge Willy Kym als Erster, nicht mit Anzug und Krawatte zu moderieren, sondern «nur» mit Blazer und Rollkragenpullover. Sehr zum Unmut seines Chefs. Wenige Tage danach erhielt er einen Brief des TV-Direktors Guido Frei mit der Frage: «Gedenken Sie, weiter so salopp aufzutreten?»

Gedachte er! Rückblende. Der gelernte Schriftsetzer Kym kam Anfang der 60er-Jahre zum Schweizer Fernsehen. «Junger Sportredaktor für die ‹Tagesschau› gesucht», stand damals in einem Zeitungsinserat. Kym meldete sich, bekam den Job, erhielt fortan monatlich 680 Franken Lohn und hatte am 15. Januar 1963 seinen ersten Arbeitstag. Sein Premieren-Auftrag? «Man schickte mich nach Zermatt, um einen Zehn-Minuten-Beitrag über die Ski-WM der Zöllner und Polizisten zu drehen. Ich war furchtbar stolz», erinnerte er sich später im «Tele».

«Im Vergleich zum heutigen hochtechnisierten TV machten wir damals richtiges Pfadi-Fernsehen», so Kym. 1970 gab es dann eine technische Revolution: Die Sportübertragungen wurden farbig. «Das war eine Erleichterung. Früher mussten wir stets darauf achten, dass die Klubs helle und dunkle Trikots trugen. Nun konnte auch Rot gegen Blau spielen.» Und noch etwas änderte sich dadurch. «Wir mussten uns plötzlich schminken. Darum hatte jeder von uns ein Puderdösli in der Tischschublade.»

Die ewige Nummer 2

Willy Kym war beim Schweizer Fernsehen vieles: Reporter, Produzent, Moderator, Kommentator. Spezialgebiete: der Radsport und der Fussball. Einmal wäre er sogar beinahe Sportchef geworden, als Nachfolger des 1991 verstorbenen Martin Furgler. Doch das Rennen machte schliesslich Urs Leutert, und Kym blieb die (ewige) Nummer 2 in der Sportabteilung. «Kym wurde ganz klar Opfer seiner Loyalität», analysierte damals die TV-Sport-Legende Karl Erb.

Doch im Radsport stand Kym niemand vor der Sonne. Er war dabei, als Robert Dill-Bundi 1980 und Pascal Richard 1996 Olympiasieger und Oscar Camenzind 1998 Weltmeister wurden, und er war es, der später Jean-Claude Leclercq als Rad-Co-Kommentator installierte. «Als ich noch Rennen gefahren bin, fragte mich Willy, ob ich nach dem Karriereende Lust dazu hätte. Ich sagte sehr gerne zu», erzählte Leclercq.

Einem aber passte Willy Kym ganz und gar nicht: Hannes Schmidhauser (†2000). Der ehemalige Fussballer (er war zeitweise gar Nati-Captain) und Schauspieler («Ueli der Knecht») sagte 1996 im SonntagsBlick: «Zur Inkompetenz kommt noch diese Stimme hinzu – eine Zumutung! Eine Krähe neben ihm würde wohltuend klingen.» Kym nahm die Kritik gelassen hin. «Wenn ihm meine Stimme nicht gefällt, kann ich auch nichts machen. Die habe ich von Gott bekommen.»

«Er war auch in seinem Sterben ein grosser Sportler»

Als Kym sich 2001 vorzeitig pensionieren liess, blieb er noch zwei Jahre als freier Mitarbeiter und blickte danach auf 40 Jahre beim Schweizer Fernsehen zurück. «Ich hatte einen Traumjob, war bei vielen Olympischen Spielen dabei, lernte die Welt kennen und schüttelte unzähligen Weltklassesportlern wie Muhammad Ali die Hand.»

Langweilig wurde es Kym auch als Rentner nicht. Der Sport blieb sein Leben. Er wurde Speaker beim 3.-Liga-Klub FC Oerlikon (Jahresgage ein Raclette-Abend im Klubhaus), gründete die Interessensgemeinschaft Offene Rennbahn Oerlikon und verbrachte Zeit mit seiner Frau Doris, den beiden Töchtern und den gemeinsamen Tieren (drei Pferde, vier Katzen und zwei Hunde).

Dem Radsport blieb er bis zum Schluss treu. Er fuhr jährlich 9000 Kilometer auf dem Velo, bis 2009 bei ihm Krebs diagnostiziert wurde. 2011 starb er viel zu früh im Alter von 70 Jahren. «Er war ein Kämpfer bis zum Schluss und auch in seinem Sterben ein grosser Sportler», sagte damals seine Tochter Nadia.

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