Stimmung aus der Konserve
Die WM bietet Darts-Spektakel und keiner kreischt

Die Darts-WM ist eine Mischung aus Après-Ski-Party und grossem Sport –normalerweise. Wegen der Corona-Pandemie fällt der Klamauk-Teil weg. Was macht das mit der Sportart?
Publiziert: 30.12.2020 um 17:02 Uhr
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Darts-WM im Alexandra Palace. Das heisst normalerweise: Remmidemmi.
Foto: Getty Images

Eigentlich grölen, trinken und feiern sie in den Tagen nach Weihnachten ununterbrochen im Alexandra Palace, der Eventhalle, die Kenner nur «Ally Pally» rufen und die es in den letzten Jahren zum Fixpunkt unter den Sport-Events geschafft hat. Für viele Fans ist sie in diesen Tagen nicht mehr wegzudenken: die Darts-WM.

Aber dieses Jahr ist vieles anders. Zwar fliegen die Pfeile auch 2020 durchs «Ally Pally». Aber da ist niemand, der jubelt, wenn einer einen 180er spielt. Da ist keine Menge, die tobt, wenn ein Aussenseiter in quietschbuntem Outfit einen der grossen Favoriten an den Rand einer Niederlage bringt. Da ist kein Fan, der dem Zuschauer daheim mit seinem exzentrischen Kostüm ein Grinsen aufs Gesicht zaubert oder dafür sorgt, dass er sich an Chips und Bier verschluckt.

Das Gejohle kommt aus der Konserve

Wer in die TV-Übertragung reinzappt, bekommt zwar auch dieses Jahr Jubel-Atmosphäre zu hören. Aber sobald die Kamera ins leere Rund schwenkt, wird klar: Das Ambiente kommt aus der Konserve, damit es nicht so traurig klingt, wenn Ansager Russ Bray sein legendäres «ONEHUNDREDANDEIGHTY!» ins Mikrofon donnert.

Es ist eine deprimierende Angelegenheit in diesen Tagen im «Ally Pally». Zumindest für die Fans, die hauptsächlich wegen der Atmosphäre irgendwo zwischen Après-Ski und Spengler Cup bei der Darts-WM reinschauen.

Unfassbare 19-mal einen 180er geworfen – und trotzdem verloren

Doch für alle, die sich für den sportlichen Teil interessieren, lohnt sich der PDC-Event auch dieses Jahr. Denn es muss gesagt sein: Sportlich bietet das Turnier auch in der Corona-Variante 2020/21 eine ganze Menge. Topfavorit Michael van Gerwen musste etwa gegen Aussenseiter Joe Cullen, der unfassbare neunzehn (!) 180er warf, ums Weiterkommen zittern. «Was für ein unglaubliches Spiel. Vollen Respekt an Joe, der phänomenal gespielt hat. Das war wahrscheinlich eines meiner härtesten Spiele überhaupt im Ally Pally», sagt Van Gerwen nach der Partie.

Und der Deutsche Gabriel Clemens hatte gleichentags gegen den Favoriten Krzysztof Ratajski sieben Matchdarts, am Ende entschied der Pole aber das Drama für sich. Die Dramen und die Geschichten gehen der Darts-WM auch dieses Jahr nicht aus – auch wenn eine weltweit aufsehenerregende Story wie die von Fallon Sherrock, die letztes Jahr als erste Frau weit ins Turnier vorstiess, fehlt. (red)

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