Kletter-Weltmeisterin Petra Klingler
«Ich bin schon als Kind gerne überall rumgekraxelt»

Sportkletterin Petra Klingler (24) ist erste Schweizer Boulder-Weltmeisterin. Damit gehört sie zu unseren grossen Hoffnungen bei der Olympia-Premiere 2020.
Publiziert: 25.09.2016 um 10:58 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 23:05 Uhr
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Kletter-Weltmeisterin Petra Klingler.
Foto: TOTO MARTI
Marc Ribolla

Hochbetrieb herrscht an diesem Abend im Kletterzentrum Milandia in Greifensee ZH. Die Halle ist voll. An einer der Kletterwände tobt sich locker wie Spiderman auch Petra Klingler aus. Ihres Zeichens frischgebackene Boulder-Weltmeisterin. «Ich hab noch ein bisschen Bewegung gebraucht», sagt sie lapidar mit einem Lachen. Von Erschöpfung keine Spur, obwohl ihr grösster Triumph nur knapp 72 Stunden her ist.

Letzten Sonntag erklettert sich die 24-Jährige an der WM in Paris vor 10 000 Fans sensationell die Goldmedaille. Und bringt sich damit aus dem Nichts auf die Liste der möglichen Schweizer Olympia-Medaillengewinner für Tokio 2020! In Japan wird Sportklettern neben Baseball/Softball, Karate, Skateboard und Surfen eine der neuen Sportarten im olympischen Programm sein.

«Mein Ziel war, den Final der besten Sechs zu erreichen. Ich wusste auch, dass ich die Fitness für das Podest habe», blickt die Weltmeisterin zurück. Entscheidend für den WM-Triumph sei vor allem der Kopf gewesen. «Ich war sehr fokussiert, hatte meine Gedanken beieinander und extrem Freude beim Klettern. Mir ging es nicht ums Gewinnen.»

Klingler ist in eine Familie mit langer Klettertradition hineingeboren. Schon ihre Grosseltern und Eltern waren und sind begeisterte Kletterer. «Ich bin schon als Kind immer gerne überall rumgekraxelt. Mit unserer Familie verbrachten wir oft Kletterferien im Tessin oder auf Korsika.» Bis ins Alter von elf Jahren setzt Petra noch aufs Reiten, erst danach steht voll das Klettern im Mittelpunkt. Petras Körper ist sehr muskulös, doch spezielles Krafttraining macht sie keines. Beim Klettern kommt es nämlich auch darauf an, nicht zu schwer zu sein.

Besondere Unterstützung erhält sie von Trainer Urs Stöcker, der Petra zehn Jahre lang coacht und von der Schule in Bonstetten ZH. «Mein Sek-Lehrer Ruedi Graf hat mir mit seinem Engagement vieles ermöglicht, damit ich den Sport und die Schule unter einen Hut bringen kann. Da bin ich ihm sehr dankbar.»

Allrounderin als Vorteil

Der zeitliche Aufwand, den Klingler heute in ihren Sport investiert, ist beträchtlich. Sie ist in der Weltspitze die einzige, die nicht Profi ist – und dennoch praktisch so lebt. Rund 25 Stunden pro Woche trainiert die Studentin der Sportwissenschaft und BWL in Bern unter Trainer Kevin Hemund. Der Schweizerische Alpen-Club SAC unterstützt sie grosszügig, ermöglicht ein professionelles Umfeld.

Viele Gedanken an die Olympischen Spiele verschwendet Klingler noch nicht. «Ich sehe es aber als Chance, dass das Klettern 2020 dabei ist. Die Aussicht, an Olympia zu starten, wird bei vielen Athleten und unserer Sportart allgemein einen Schub auslösen.»

Weil das IOC den Sportkletterern pro Geschlecht aber nur einen Medaillensatz zugesteht – obwohl es drei Disziplinen gibt – wird das Olympia-Edelmetall in einer Kombi-Wertung aus Lead-, Boulder- und Speedklettern vergeben. Nicht zum Nachteil Klinglers. «Diese Art passt nicht allen Sportlern. Mir kommt es aber entgegen, weil ich eine Allround-Kletterin bin», sagt sie. Am Bouldern mag sie speziell die Verbindung von Kraft, Schnelligkeit und die Koordination von Hand und Fuss.

Von grösseren Verletzungen ist die Zürcherin bis jetzt – ausser einem gebrochenen Handgelenk und einer herausgesprungenen Kniescheibe – verschont geblieben. Auch ihre Hände machen (zumindest noch) keinen besonders verschlissenen Eindruck. «Wir haben eine jährliche Untersuchung beim Arzt, der bisher immer zufrieden war», sagt Klingler. «Ich kann meine Finger auch noch alle durchstrecken.»

Das ist Sportklettern

Im Sportklettern unterscheidet man zwischen drei Disziplinen (Lead, Boulder, Speed). Beim Lead-Klettern geht es darum auf einer bis zu 25 Meter hohen Wand so hoch wie möglich zu kommen. Im Bouldern hingegen gilt es innert einer bestimmten Zeit mehrere kleinere Wände auf Absprunghöhe von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad zu bewältigen. Es wird die Anzahl geschaffte Boulders gezählt und in wie vielen Versuchen. Im Speedklettern treten zwei Sportler gleichzeitig gegeneinander an. Wer auf den 10 oder 15 Metern schneller oben, gewinnt das Duell.

Im Sportklettern unterscheidet man zwischen drei Disziplinen (Lead, Boulder, Speed). Beim Lead-Klettern geht es darum auf einer bis zu 25 Meter hohen Wand so hoch wie möglich zu kommen. Im Bouldern hingegen gilt es innert einer bestimmten Zeit mehrere kleinere Wände auf Absprunghöhe von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad zu bewältigen. Es wird die Anzahl geschaffte Boulders gezählt und in wie vielen Versuchen. Im Speedklettern treten zwei Sportler gleichzeitig gegeneinander an. Wer auf den 10 oder 15 Metern schneller oben, gewinnt das Duell.

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