Auf einmal geht gar nichts mehr. Statt wie wild vor und zurück zu hüpfen, nach hinten zu flüchten oder mit einem Ausfallschritt zu attackieren, ist Max Heinzer an Ort und Stelle gefesselt. Der Schwyzer sitzt im Rollstuhl, seinem Gegner hoffnungslos ausgeliefert.
Heinzer hat Glück. Der Rollstuhl ist eine absolute Ausnahme. Der 29-Jährige hat sich nur für ein ganz besonderes Duell reingesetzt. «Ich habe keine Sekunde gezögert, als die Anfrage kam», sagt Heinzer. «Diese einmalige Erfahrung wollte ich mir nicht entgehen lassen.»
Paralympics-Silber-Gewinner Piers Gilliver hat sich Heinzer als Gegner ausgesucht. Der Brite weilte für ein Trainingslager in Bern und fragte unseren Fechtstar via Facebook an. Der Grund ist ganz einfach. «Er ist wirklich gut, ein grossartiger Fechter. Und tödlich schnell», sagt Gilliver.
Doch im Rollstuhl ist für Heinzer einfach alles anders. Seine grösste Stärke, die Beine, hat er nicht mehr. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rollstühle fix montiert sind: Es gibt kein vor und kein zurück. So sitzt er auf dem Präsentierteller. «Bei einem Angriff haue ich sonst ab. Das konnte ich nun nicht. Es hat sich für mich fast wie eine andere Sportart angefühlt», erklärt Heinzer.
Ein paar Punkte sind ihm zwar vergönnt. «Aber ich hatte keine Chance, er war mega stark», gesteht der Weltranglisten-Vierte ein. «Piers ist ein absoluter Spitzensportler. Ich habe grossen Respekt vor ihm.»
Gilliver ist nicht von Geburt an den Rollstuhl gefesselt. Der 22-Jährige leidet am Ehlers-Danlos-Syndrom. Eine Störung im Bindegewebe, die eine starke Überdehnbarkeit der Haut und überbewegliche Gelenke zur Folge hat. Mit 12 Jahren geht ohne Rollstuhl nichts mehr.
Für Heinzer unvorstellbar: «Nur wegen einer halben Stunde Fechten im Rollstuhl kann ich nicht erahnen, wie das sein muss. Es wird höchstens klar, dass es vor allem am Anfang einen grossen Effort braucht, um damit klar zu kommen.»
Heinzer ist froh, dass er am Wochenende beim Weltcup in Paris wieder ohne Rollstuhl fechten darf. «Ich bin dort schon zweimal am Podest vorbei geschrammt. Es ist eines der wenigen Turniere, wo ich es noch nie aufs Podium schaffte. Das würde ich nun gerne ändern.»