Gewaltige Hörner, wilde Zottelmähne und bis zu 800 Kilogramm Lebendgewicht. Die schottischen Hochlandrinder sind auf den ersten Blick nichts für Zartbesaitete. «Sie sehen schon etwas gfürchig aus», sagt Bernhard Russi. «Aber das sind absolut lässige Tiere.» Die Ski-Legende schwärmt nicht ohne Grund.
Zusammen mit Matthias Hüppi und einem Freund hält Russi im Urner Reussdelta seit neustem drei Rinder. Die kleine Herde wächst schnell. Angefangen hat es für das legendäre Kommentatoren-Duo Mitte Mai mit zwei Kühen. Doch Russis Aurora hat diese Woche bereits gekalbt. «Wie es sich für eine echte Herde gehört, ist es ein Muni», so der 71-Jährige.
Die Idee, auf die Schottenviecher zu setzen, entstand beim Abschied vom SRF-Mikrofon. Nach 32 Jahren als Ski-Kommentatoren-Duo sagten Russi und Hüppi 2017 Tschüss und fragten sich sogleich, was sie denn nun machen würden. «Es war eine Stammtischidee», sagt Russi. Noch am Tag des Abschieds habe Hüppi die Hochlandrinder ins Spiel gebracht. «Wir haben Bilder gegoogelt und sie uns gegenseitig geschickt. Wir fanden die Rinder lustig.»
Von da an gab es fast kein Zurück mehr
Als dann bei einem Radiointerview bei SRF die Zukunft besprochen wird, erzählen die beiden unter Gelächter von ihren Plänen mit den Tieren. Russi: «Von da an konnten wir fast nicht mehr zurück. Wir stehen zu dem, was wir sagen. Auch wenn es noch so ein Blödsinn ist.»
Danach packen Russi und Hüppi also die Rinder bei den Hörnern. Noch im gleichen Jahr besuchen die beiden eine Hochlandrinder-Show. «Mit Schottenröcken, Dudelsäcken und allem, was dazugehört», erinnert sich Russi lachend.
Dort kommt es auch erstmals zu einer Begegnung mit dem imposanten Viech. «Wir kamen den Tieren da schon sehr nah. Aber sie spüren gut, wenn sie mit ihren langen Hörnern zu nahe kommen und weichen von selber aus.»
Die Möglichkeit, den nächsten Schritt zu gehen, ergibt sich dann, als Franz-Sepp (Bobby) Arnold vom Kanton das Ansuchen erhält, ein Gebiet im Reussdelta in ein Biotop umzuwandeln. Und die Tiere passen perfekt in die Umgebung und helfen dabei, das Schilf unter Kontrolle zu halten.
Also geht Arnold mit dem tierischen Angebot auf Russi zu, seine Hochlandrinder doch dort zu platzieren. Auf der Alp im Isenthal werden Russi und Arnold fündig. Die Familie Herger betreibt dort eine Zucht und hält zwei Dutzend Tiere. Die beiden Freunde suchen sich je eines aus und starten das Projekt endgültig.
«Horror, wenn es plötzlich zu viele Kälber gibt»
Hüppi hat bereits ein Hochlandrind, das ihm zum 60. Geburtstag von Freunden geschenkt wurde. Im Moment weidet dieses aber noch im Tessin. Und die Tiere im Urnerland? Noch ist offen, wie gross die Herde wird, ja ob daraus sogar eine Zucht wird. Das wissen alle nicht.
Mit dem Rinderspass verfolgen sie kein konkretes Ziel. «Was daraus wird, ist uns nicht bewusst. Wir getrauen uns gar nicht, daran zu denken, wie es sich entwickeln könnte», sagt Russi. «Ich habe schon fast Horror vor dem Gedanken, was wir machen, wenn es plötzlich zu viele Kälber gibt.»
Denn diese seien einfach so herzig. Und mit dem Gedanken, eines der Tiere zu schlachten, kann sich Russi noch überhaupt nicht anfreunden. Er hat vor, immer mal wieder beim Vieh vorbeizuschauen. Während Hüppi dafür als Präsident des FC St. Gallen die Zeit wohl oft fehlen wird.
Auch beim Alpaufzug wäre Russi gerne dabei. «Das wäre schön, ein toller Spaziergang.» Die Sommer verbringen die Hochlandrinder nämlich weiterhin auf dem angestammten Hof im Isenthal.