Es geht um Wahl-Tricks, Filz und Intransparenz
Schlammschlacht der Schweizer Fecht-Bosse

Die Schweizer Fechter bekommen einen neuen Präsidenten. Vor der Wahl am Samstag wird mit allen Mitteln gekämpft.
Publiziert: 06.05.2021 um 21:16 Uhr
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Bei den Schweizer Fechtern wird derzeit knallhart gekämpft.
Foto: Shutterstock
Emanuel Gisi

Normalerweise kämpfen sie mit Florett und Degen, mittlerweile ist es eine Schlammschlacht: Im Schweizerischen Fechtverband werden in diesen Tagen die harten Bandagen ausgepackt.

Es geht um die Nachfolge von Präsident Olivier Carrard, der nach 17 Jahren an der Spitze von Swiss Fencing abtritt und den Verband seinem Vize Lars Frauchiger übergeben möchte – selber mischt der frühere Olympia-Fechter bei der Beschaffung von Stimmen im Kampf um seine Nachfolge aber noch kräftig mit. «Dies ist mein Recht und meine Aufgabe. Ich muss verhindern, dass der Verband in Zukunft um den Abstieg spielt», sagt Carrard.

Ein Trick mit den Lizenzen – oder einfach nur Zufall?

Blick liegen aus glaubwürdiger Quelle Hinweise dafür vor, dass Carrard ihm wohlgesonnene Klubs dazu aufgefordert hat, zusätzliche Mitgliederlizenzen zu lösen – schliesslich kosteten diese wegen der Corona-Pandemie derzeit nur einen Viertel des normalen Preises. Hintergrund: Grössere Vereine haben bei der GV am Samstag, wo die neue Führung gewählt wird, mehr Stimmen. Ein Trick.

Darf ein Noch-Präsident so in den Wahlkampf eingreifen? «Dies ist eine Unterstellung und somit falsch. Ich weiss nicht, was die Vereine in dieser Sache tun», sagt Carrard. Es sei möglich, dass Klubs derzeit Mitglieder registrierten, die früher nicht als aktiv gemeldet gewesen seien. «Was im Endeffekt für die Verbandskasse positiv ist.»

Schaffhausen-Präsident ist sauer

Arie Späth, Präsident der Fechtgesellschaft Schaffhausen, reagiert ungehalten. «Uns kleineren Klubs wird seit Jahren mit harten Konsequenzen gedroht, wenn wir nicht alle unsere Fechter lizenzieren», sagt er. «Ich frage mich schon, wo diese Mitglieder plötzlich herkommen sollen.» Was ihn ebenfalls irritiert: «Unser Klub hat 29 lizenzierte Fechter, geführt werden wir vor der GV aber nur mit 25.» Bis 25 Lizenzen hat ein Klub an der GV eine Stimme, ab 26 deren zwei. Sein Verdacht: Aufmüpfige Vereine sollen bewusst klein gehalten werden.

Die Schaffhauser sind einer von fast 20 Klubs, die den Verband letztes Jahr vor die Schlichtungsbehörde in Bern zerrten, weil Swiss Fencing keine GV mit Vorstands-Neuwahl durchführte. «Ausgerechnet in dem Jahr, in dem es endlich Gegenkandidaten gab», so Späth.

Kritiker: «Man ist ‹in› oder ‹out›»

Für die Gegenseite passt das zur Kultur, die sich in den letzten Jahren im Verband etabliert habe. Die Verbandsspitze bestehe aus alten Seilschaften, sei nicht transparent, die Macht werde bewusst nicht geteilt, einzelne Familien und Grossklubs würden bevorzugt. «Man ist entweder ‹in› oder ‹out›», sagt ein Verbands-Insider, der nicht namentlich genannt werden will. «Die merken das zum Teil wahrscheinlich gar nicht.»

Noch-Präsident Carrard, der etwa im Bereich Spitzensport unbestrittene Verdienste hat, sagt zum Vorwurf der Intransparenz: «Sie brauchen ein erfahrenes Team, auf das Sie vertrauen können. Nur so kann ein kleiner Verband wie der Fechtverband erfolgreich sein. Das Team Frauchiger garantiert, dass diese Erfahrung dem Verband erhalten bleibt.»

Der designierte Chef verspricht: Mehr Gehör für die Breite

Dass man sich in den vergangenen Jahren stark auf den Spitzensport konzentriert habe, sei ein Fakt, bestätigt Carrards designierter Nachfolger Frauchiger. «Wir haben das erkannt und stehen dafür ein, die Breite künftig stärker zu berücksichtigen. In der Kommunikation haben wir bereits Verbesserungen eingeleitet.» Erstaunlich finde er, dass nun kritisiert werde, es gebe zu wenig Mitsprachemöglichkeiten für kleinere und mittlere Klubs: «Es hat sich lange Zeit niemand eingebracht. Selbstverständlich sind wir offen für Inputs.»

Der Bieler Christophe Gächter will ebenfalls Präsident werden und ist damit der Kopf der Kandidaten, die nicht in Frauchigers Team sind. «Für uns ist es wichtig, dass unsere Mitglieder überhaupt eine Wahl haben», sagt er. «Ich sehe mich als Verbinder. Wir hoffen, dass ein Teil unserer Kandidaten gewählt wird, damit auch neue Blickwinkel im Vorstand Platz finden.»

Ob das realistisch ist? Ein Mitglied von Frauchigers Crew hat bereits verlauten lassen, nicht mit Kandidaten der Gruppe Gächter zusammenarbeiten zu wollen. Ist mit der GV vom Samstag der letzte Strauss womöglich noch nicht gefochten? Frauchiger: «Ich gehe davon aus, dass wir uns als Sportsleute nach der Wahl die Hand reichen und gemeinsam vorwärtsgehen. Egal wie es ausgeht: Ich wünsche mir, dass wir unseren Sport gemeinsam voranbringen.»

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