Kleiner Ausfallschritt, Oberkörper leicht gedreht. Stefan Bellmont steht da wie ein Fels. Ruhig, fokussiert, die dunklen Augen fixieren die Dartscheibe. Eine lockere Bewegung aus dem Handgelenk, der Pfeil fliegt mit etwa 60, 70 Stundenkilometern, die Stahlspitze bleibt im Triple-Ring stecken. 60 Punkte, yes!
Stefan Bellmont, genannt Belli, ist 35, aus Cham im Kanton Zug, gelernter Koch und aktuell der beste Dartspieler der Schweiz. Am 15. Dezember tritt er im legendären Alexandra Palace, dem Ally Pally, in Nordlondon bei der Darts-Weltmeisterschaft an. Als erster Schweizer überhaupt. Seit zweieinhalb Jahren konzentriert sich Bellmont ganz auf seinen Sport, trainiert 30 Stunden pro Woche. Darts ist seine Leidenschaft – er aber wirkt kontrolliert, fast emotionslos. «Ich habe wohl von Natur aus einfach eine gewisse Ruhe, das ist mein Charakter», sagt der Hüne und lächelt.
Die Liebe beim Darts gefunden
Für Gefühlsausbrüche ist Freundin Sarah (32) zuständig. Seit acht Jahren sind die Aargauerin und der Zuger ein Paar. Kennengelernt haben sie sich beim Darten. «Ich spiele nicht mehr selber», sagt Sarah, «es kostet mich schon genug Nerven, ihm zuzuschauen. Bei seinen Auftritten rast mein Puls gegen 150.» Ihre Nervosität hat einen seltsamen Effekt auf Stefan. «Wenn ich sehe, dass sie im Publikum noch nervöser ist, als ich eigentlich sein müsste, werde ich ruhig und kann mich ganz auf die Würfe konzentrieren.»
Sarah geht praktisch jedes Wochenende mit an ein Spiel oder Turnier. Sie ist fester Teil von Bellis Entourage. Zu der gehört auch seine Mutter Carmen (67) ohne die im Alltag gar nichts ginge. Sie sorgt für eine funktionierende Infrastruktur daheim in Cham und ist unverzichtbar als Chauffeuse, sie kann als Einzige der Familie Auto fahren. «Ich möchte, dass sich Stefan ganz auf seinen Sport konzentrieren kann», sagt sie. «Was er erreichte, gelang vor ihm noch keinem Schweizer. Wir sind mächtig stolz auf ihn.»
Traum von der WM-Teilnahme
Dartspieler müssen strategisch denken und gut rechnen können. Die Gesamtpunktzahl, meistens 501, muss jeder Spieler mit drei Pfeilen so schnell wie möglich auf null abarbeiten. Bellmont gilt vor allem mental als stark. Und, sagt er, eigentlich habe er schon gewonnen, denn eine WM-Teilnahme sei stets sein Traum gewesen.
Die Paddy Power World Darts Championship 2025 ist in den angelsächsischen Ländern eine grosse Sache. Auch der deutsche Sender Sport1 überträgt das Spektakel live – und damit den Auftritt von Stefan Bellmont. Der trifft in der ersten Runde auf den Niederländer Jermaine Wattimena, Spitzname «The Machine Gun» – Maschinengewehr.
Im Vergleich spielt Bellmont langsam. Um so wichtiger, lässt er sich nicht aus seinem Rhythmus drängen. Noch bleibt der Chamer cool – und macht eine klare Ansage: «Wenn ich eine Bühne betrete, will ich das Spiel auch gewinnen.»