8:42 Minuten. So lange dauert ein inspirierender Video-Beitrag des offiziellen Olympia-Youtube-Kanals über Ragen Chastain. Heroische Musik, kämpferische Bilder – und über 130 Kilogramm schwer.
Die 43-Jährige nennt sich selbst «Fett-Aktivistin» oder «Fathlete». Sie gilt als schwerste Frau, die je einen Marathon absolviert hat. Und sie kämpft. Nicht nur gegen die Strecke oder mit ihrem Gewicht, sondern für adipöse Menschen und deren Akzeptanz in der Gesellschaft.
Ihr grosses Ziel: eine Ironwoman zu werden und den ultraharten Triathlon-Wettbewerb zu schaffen. 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und dann noch ein Marathon laufen (42,195 Kilometer). Noch in dieser Saison will Chastain diese Herausforderung schaffen. Rang, Rückstand oder Schlusszeit? Sind ihr egal.
Widersprüchliche Resultate
Nun, die Kurz-Doku über die US-Amerikanerin aus Los Angeles, so ermutigend sie auch sein mag, hat einen nicht gerade kleinen Haken. Unter dem Youtube-Video finden sich zahlreiche negative Kommentare. Die anscheinend so inspirierende Kämpferin wird als «Hochstaplerin», «Schwindlerin», «Psycho» und «Betrügerin» bezeichnet.
Die Kritik beginnt im Einfachen. Chastain wird vorgeworfen, sie vermittle ein völlig falsches Bild von Fettleibigkeit. Denn diese gilt als eine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit mit starkem Übergewicht. Das Risiko von gesundheitlichen Problemen ist erhöht. Laut Chastain hat die Adipositas jedoch keinen Einfluss auf die Gesundheit oder die athletischen Fähigkeiten.
Chastain gibt an, drei bis fünf Stunden täglich für den Ironman zu trainieren. Doch die Resultate stimmen nicht mit ihren Angaben überein. Ihre beste Zeit über 5000 Meter ist langsamer, als jene einer 80-jährigen Frau. Den Marathon hat sie geschafft, weil sie an einem Event teilnahm, bei dem es kein Zeitlimit gab. Sie brauchte vier Stunden länger als eine 77-jährige Frau beim gleichen Wettbewerb.
Spendengelder veruntreut?
Es gibt weitere Vorwürfe gegen Chastain. Demnach soll sie sich am Rande der Illegalität bewegt haben. Angeblich soll die «Fett-Aktivistin» zahlreiche Male Spendengelder veruntreut haben.
Für ihren Aktivismus sammelte sie unter anderem auf der «GoFundMe»-Webseite Geld. Mehrere tausend Dollar kommen zusammen. Die zertifizierte Gesundheitstrainerin verspricht über 15 Interviews mit «wichtigen Frauen über ein wichtiges Thema». Heraus kommt ein kümmerlicher Blogpost mit drei Kurzinterviews und Videos in mieser Qualität.
Pikant: Chastain zahlte sich von den Spendengeldern selbst ein «Salär» aus, wie sie es selbst nennt. Mit medienwirksamen Events will sie das Thema breit treten. Die leidenschaftliche Tänzerin sammelt Geld für einen Ball für fettleibige Menschen. Das war 2012. Bis heute hat kein Ball stattgefunden und Chastain soll noch lange um Spendengelder gebettelt haben.
5000 kleine Lügen
Chastain und ihr Wirken bleiben ein Rätsel. Bei einem 5000-Meter-Lauf wurde sie nachweislich disqualifiziert, weil sie abgekürzt haben soll.
Einmal soll die Aktivistin gar einen Shitstorm erfunden haben. User des Community-Portals «Reddit» hätten sie mit Morddrohungen eingedeckt und sie zum Suizid aufgefordert. 5000 Kommentare sollen dabei eingangen sein. Das Problem an Chastains Geschichte: Sie behauptete ihre Story ein Jahr bevor ihr Name erstmals auf «Reddit» erwähnt wurde.
In den 8:42 Minuten Kurz-Doku auf Youtube ist davon nichts zu sehen. Klar, ihr Einsatz für fettleibige Menschen sehen viele User und «Fans» als lobenswert und nicht selbstverständlich. Doch das Kartenhaus der Ragen Chastain scheint immer mehr einzustürzen.