Bolt trotz enttäuschendem 3. Platz glücklich
«Es fühlt sich an, als ob ich gewonnen hätte»

Auf der Bahn im Londoner Olympia-Stadion dauert das WM-Spektakel gerade mal 9,92 Sekunden. Dann heissts Justin Gatlin vor Christian Coleman. Und doch ist Usain Bolt zum Abschied der Gewinner.
Publiziert: 05.08.2017 um 22:48 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 17:14 Uhr
Hier läuft Bolt in seinem letzten 100-m-Rennen zu Bronze
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Ex-Dopingsünder Gatlin überraschend Weltmeister:Hier läuft Bolt in seinem letzten 100-m-Rennen zu Bronze
Carl Schönenberger aus London

Ein Superstar tritt ab. Einer, wie einst der grosse Muhammad Ali. Und Bolt zeigt unmittelbar nach seinem Bronze-Sprint, warum: «Danke London, danke euch allen. Es war wundervoll.» Und lässt sich von den Fans feiern. Die Show lässt er sich nicht nehmen.

Der in 15 Tagen 31-jährig werdende Jamaika-Blitz hat ein letztes Mal gezuckt. Nach dem Kommando des Starters im Olympia-Stadion einfach eine Spur zu langsam. Da sind seine Gegner schon weg. Usain kann sie nicht mehr ganz packen. Der Überirdische ist menschlich geworden. «Mein Start hat mich heute gekillt. Ich habe mein Bestes gegeben», begründet Bolt. «Es tut mir leid, dass ich diesem Publikum keine bessere Leistung bieten konnte.»

Trotzdem hält sich die Trauer beim Jamaikaner in Grenzen: «Die Energie der Fans fühlt sich so an, als ob ich gewonnen hätte. Ich spüre die Unterstützung auf der ganzen Welt, vielen Dank dafür.»

Niederlage sollte Jungen Mut geben

Für die Zukunft der Leichtathletik ist das nicht einmal schlecht. Der Nimbus der Unschlagbarkeit, den Usain über Jahre hinweg geschaffen hat, ist noch gebrochen, solange er aktiv ist.

Er wird also nach Usains Karriereende nicht wie ein Gespenst die Sprint-Szene lähmen. Und den jungen wie Christian Coleman, der als 21-jähriges Greenhorn Zweiter wird, ihrerseits Mut zu grossen Taten machen.

Dass ausgerechnet der alte Justin Gatlin (35) mit zwei Hundertsteln Vorsprung 100-m-Weltmeister wird, ist zweideutig. Einerseits wegen der Doping-Vergangenheit des Amis, der zwei Mal überführt wurde. Andererseits hat er seine Strafe abgesessen und die Kraft gehabt, eine zweite Karriere zu starten.

Bolt weiterhin der grösste Sprinter

Dennoch – Usain Bolts Niederlage schlägt im Stadion ein wie ein Blitz, haut die Zuschauer sofort aus dem zuvor brodelnden Kessel, auf den Heimweg, in den Zug oder die U-Bahn. Aber nicht, ohne vorher den neuen Weltmeister, der 2005 in Helsinki schon einmal Gold holte, noch gnadenlos auszubuhen.

Sieger Gatlin würdigt nach dem Rennen Usain Bolt.
Foto: Reuters

Für Gatlin ist es offenbar kein Problem, dass das Publikum vor allem Bolt feiert: «Das ist ok für mich, er hat so viel für diesen Sport gemacht», sagt er gegenüber «SRF». «Ich habe ihn auch gefeiert.» Tatsächlich geht er unmittelbar nach der Entscheidung vor dem Jamaikaner auf die Knie. Bolt wiederum erwidert die Sportlichkeit, umarmt seinen Konkurrenten und sagt ihm, so Gatlin, dass er die ganzen Buhrufe nicht verdient hätte.

Bolt: «Ich bin glücklich»

Und Trauer? Vielleicht bei den Fans. Bei Bolt ist es wohl bald sogar Erleichterung. «Natürlich hätte ich gerne gewonnen, aber ich bin glücklich.»

Denn er selbst weiss ja, dass er am nächsten Samstag seinen Fans noch ein «Absackerli» spendieren kann. Dann läuft er noch mit der 4x100-m-Staffel. Und dann kann er sich an Gatlin und Coleman rächen.

Denn eines ist so oder so klar: Auch nach dieser Niederlage bleibt Usain St. Leo Bolt der grösste Sprinter aller Zeiten.

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