Über 800 m gehts hart zu und her
Achtung Selina, Rempel-Gefahr

In der Nacht auf heute hat Selina Büchel ihren 800-m-Vorlauf bestritten. Auf ihrem Weg in den WM-Final muss die Hallen-Europameisterin vor allem auf Ellbogen achten.
Publiziert: 25.08.2015 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:46 Uhr
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Mit-Favoritin: Selina Büchel bringt sich beim Training in Bütschwil für Peking in Schwung.
Foto: THOMANN SVEN
Von Carl Schönenberger

Die WM-Mission der 24-jährigen Toggenburgerin ist realistisch. «Ich will in den Final», hat sie vor zwei Wochen am Rande des Vereins-Trainings beim KTV Bütschwil voller Zuversicht gesagt. Wer als Weltnummer 4 mit der Bestzeit von 1:57,95 Minuten in ein WM-Turnier steigt, darf ohne Grössenwahn auch nach einer Medaille schielen.

Ihre Wettkampf-Qualitäten hat Selina in den letzten Monaten gleich mehrfach bewiesen. Sie verfügt über einen guten Taktik-Instinkt. «Ich spüre recht genau, welche Position im Pulk für mich günstig ist.» Von einer weiteren Stärke Büchels schwärmt gar ihr Heimtrainer Urs Göldi: «Selina kann auf den letzten Metern auch dann noch voll kämpfen, wenn sie so übersäuert ist, dass sie gar nichts mehr sieht.»

Wenn da bloss die typischen Mittelstrecken-Gefahren nicht wären. Denn in den dichten Läufer-Pulks wird im Kampf um die Positionen oft gnadenlos gerempelt. Mit Ellbogen, mit Schubsern – oder weil sich Läufer gegenseitig in die Beine geraten.

Olympia 1984 in Los Angeles: Pierre Délèze, der damals 26-jährige Walliser, stieg als ­einer der Favoriten ins 1500-m-Turnier. Leichtfüssig trabt er im Feld mit – noch Mitte der Zielgeraden scheint das Überstehen des Vorlaufs für den starken Spurter reine Formsache. Dann übersieht er 20 Meter vor dem Ziel die Füsse des Briten Steve Ovett – Délèze fliegt platt auf dem Bauch. Olympia ist für ihn vorbei.

Oder 2000 bei Olympia in Sydney: André Bucher steht als Jahres-Weltbester im 800-m-Final. Weil er auf seine Spurtstärke vertraut, drosselt er an der Spitze das Tempo, will das Rennen auf der Zielgeraden gewinnen. Nach 600 Metern «explodiert» der enge Pulk, jeder der acht Finalisten wittert die Chance aufs Podest. Der 24-jährige Bucher wird von Andrea Longo (It) rücksichtslos für ein paar Meter von der Bahn gedrückt. Weg ist die Chance – nur Rang fünf! Dass Longo disqualifiziert wird, nützt André nichts. «Ich wollte nicht zu viel Energie verpuffen», erklärt er danach seine verhängnisvolle Taktik.

Hoffentlich muss sich Selina Büchel in Peking nicht auch nach einem gegnerischen Rempler erklären.

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